Ein Theologe, der schon im Ersten Weltkrieg zur Versöhnung aufrief
Der 1885 in Görlitz geborene Friedrich Siegmund-Schultze engagierte sich schon vor dem Ersten Weltkrieg für den Frieden. Bereits 1910 betonte er, dass das Christentum den organisierten Massenmord nicht heiligsprechen könne, sondern erklären müsse, dass Krieg führen gegen den Willen Jesu sei. Sein Augenmerk galt der Völkerverständigung und der Ökumene. Siegmund-Schultze gehörte zu den Initiatoren einer internationalen Konferenz in Konstanz, auf der im August 1914, unmittelbar bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges, der „Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen“ gegründet wurde, der Vorläufer des Internationalen Versöhnungsbundes. „Friedrich Siegmund-Schultze war einer der wenigen Theologen, nicht nur in Deutschland, die auch während des Ersten Weltkriegs nicht müde wurden, Versöhnung zwischen den Weltkriegsgegnern zu predigen und für Verständigung und Frieden einzutreten“, informierte Renke Brahms.
Ein Gegner der deutschen Wiederbewaffnung
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich Friedrich Siegmund-Schultze nachdrücklich für ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung ein und wandte sich entschieden gegen eine deutsche Wiederbewaffnung. „Für Friedrich Siegmund-Schultze war Kriegsdienstverweigerung eine Gewissensentscheidung, die der Staat zu schützen hatte“, meinte Lutz Krügener, der Friedensbeauftragte der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und einer der Sprecher der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK). Darum habe er sich immer wieder auch gegen Einschränkungen des Artikels 4, Absatz 3 des Grundgesetzes, in dem das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen festgeschrieben ist, gewehrt. 1957 gehörte Siegmund-Schultze zu den Initiatoren der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen und wurde deren erster Vorsitzender.
Ein ungewöhnlicher Mensch
In Fragen der Kriegsdienstverweigerung sah der Theologe auch die Kirchen in einer Pflicht. So schrieb Siegmund-Schultze 1950, dass ein Christ wachen Gewissens „heute die Kriegsdienstverweigerung als die richtige persönliche Haltung vor Gott und den Menschen“ erkennen werde. „Dafür hat er sich eingesetzt und engagiert, auch gegen Widerstände aus Politik, Kirche und Gesellschaft“, so Lutz Krügener. Darum sei es richtig gewesen, dass die EAK mit dem seit 1994 von ihr verliehenen „Friedrich Siegmund-Schultze-Förderpreis für gewaltfreies Handeln“ an diesen Theologen erinnere, fügte der EAK-Sprecher hinzu.
Der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann bezeichnete Friedrich Siegmund-Schultze, der am 11. Juli 1969 in Soest verstarb, als einen der ungewöhnlichsten Menschen, denen er begegnet sei. „Die Arbeit und das Wirken dieses Friedenstheologen darf nicht in Vergessenheit geraten, das ist unsere Aufgabe. Friedrich Siegmund-Schultze ist auch 50 Jahre nach seinem Tod noch immer hochaktuell“, betonte der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms.