Am 28. Januar hatte das Land Baden-Württemberg eine neue Corona-Verordnung beschlossen. Ursprünglich enthielt sie auch folgende Regelung: „Für Veranstaltungen, die der Religionsausübung dienen, wird in der CoronaVO BW ab 14. Februar 2022 in den Alarmstufen eine 3G-Regelung eingeführt.“ Wäre sie eingeführt worden, hätten nur gegen das Coronavirus geimpfte, von COVID-19 genesene oder auf Corona getestete Personen Zutritt zu Gottesdiensten und religiösen Versammlungen gehabt.
Kritik aus Landes- und Freikirchen
Wie die Nachrichtenagentur IDEA berichtete, rief diese Regelung viel Kritik bei den Kirchen hervor. Die evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg teilten mit, dass sie zusammen mit den beiden katholischen Diözesen in Baden-Württemberg – Gespräche mit der Landesregierung führten. Kirchensprecher Dan Peter (Evangelische Kirche in Württemberg) schätzte, dass etwa 70 Prozent der Haupt- und Ehrenamtlichen sowie vermutlich eine ähnlich große Zahl der Mitglieder der Landeskirche wegen der bewährten Schutzkonzepte „kein Verständnis für diese Auflage zum jetzigen Zeitpunkt“ hätten. Auch einzelne Geistliche von landes- und freikirchlichen Gemeinden äußerten sich öffentlich kritisch zur Einführung dieser Regelung.
Adventisten planten zunächst juristische Schritte
Der Vorstand der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Baden-Württemberg erwog, zum 9. Februar einen Antrag beim Verwaltungsgerichtshof einzureichen, um überprüfen zu lassen, ob die geplante Regelung mit dem Grundrecht auf freie und ungestörte Religionsausübung (Grundgesetz Art. 4. Absatz 2) vereinbar sei. Auch andere Kirchen wurden eingeladen, sich diesem Antrag anzuschließen oder selbst einen entsprechenden Antrag einzureichen. Am 6. Februar teilte der Vorstand der Freikirche in einem Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, mit, „dass die neu eingeführte 3G-Regelung in Gottesdiensten uns sehr bewegt und etliche Kirchenmitglieder und Pastoren in Gewissensnöte gebracht hat.“ Im Brief wurde darum gebeten, die neue 3G-Regelung für Gottesdienste bis auf Weiteres aufzuheben oder so lange außer Vollzug zu setzen, bis eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vorliege. Einen Tag später teilte die Bereichsleiterin für Religionsfreiheit im Staatsministerium dem Präsidenten der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Baden-Württemberg, Eugen Hartwich, mit, dass die Corona-Verordnung überarbeitet werde und eine Änderung der 3G-Regel für religiöse Veranstaltungen angedacht sei. Am 8. Februar wurde die überarbeitete Corona-Verordnung verkündet, in der die diese 3G-Regelung nicht mehr enthalten ist. Sie trat am 9. Februar in Kraft.
Dankschreiben an den Ministerpräsidenten
In einen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann bedankte sich Kirchenpräsident Eugen Hartwich im Namen der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Baden-Württemberg für die Rücknahme der 3G-Vorschriften für Gottesdienste und kündigte an, keinen Antrag am Verwaltungsgerichtshof einzureichen. Die Rücknahme „ist für uns sowohl eine Gebetserhörung als auch ein positives Signal auf die vielen Reaktionen verschiedener Kirchen und Religionsgemeinschaften“, so Eugen Hartwich in dem Schreiben. „Wir haben in unseren Kirchengemeinden in den letzten zwei Jahren mit unseren Infektionsschutzkonzepten zur Bewältigung der Coronakrise erfolgreich beigetragen und werden dies auch weiterhin tun“, kündigte er an.
Auch von Seiten der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gab es Dank und Anerkennung für das beherzte Vorgehen des Vorstands der Adventisten, das – so die Einschätzung – in erheblicher Weise zur Rücknahme der 3G-Regel beigetragen hat.
Adventisten in Baden-Württemberg
Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Baden-Württemberg umfasst rund 6.424 erwachsen getaufte Mitglieder in 88 Kirchengemeinden und 11 Gruppen. Die Freikirche in Baden-Württemberg ist Trägerin von acht adventistischen Bekenntnisschulen mit insgesamt 380 Schülerinnen und Schülern. Weitere adventistische Einrichtungen in Baden-Württemberg sind das Haus Lichtblick (betreutes Wohnen) in Gaildorf und das Tagungszentrum Haus Schwarzwaldsonne in Freudenstadt.