Gewaltfrei gegen Gewalt und Unterdrückung
Christian Peacemaker Teams (CPT), die weltweit tätig seien, setzten sich für den gewaltfreien Kampf gegen Gewalt und Unterdrückung ein. Es gehe ihnen um die Durchsetzung von Menschenrechen in einer Welt ohne Krieg, informierte Dr. Jakob Fehr, Geschäftsführer des Deutschen Mennnonitischen Friedenskomitees (DMFK) in Bammental bei Heidelberg. Seit 2014 arbeite er mit CPT-Teams in Mytilini auf Lesbos der drittgrößten Insel Griechenlands. Im Jahr 2014 seien die Friedensstifter von der griechischen Partnergruppe „Lesvos Solidarity“ eingeladen worden deren Arbeit mit Flüchtlingen auf Lesbos zu begleiten. 2014 und 2015 wären daher jeweils im Sommer drei Monate lang zwischen drei und fünf Freiwillige von CPT auf der griechischen Insel gewesen. Ihre Reisekosten nach Mytilini hätten die Teilnehmer selbst getragen. Die Aufwendungen vor Ort, wie Verpflegung, Unterkunft und lokale Transportkosten, wären durch Spenden finanziert worden. Dafür hätten 2015 lediglich 6.000 Euro zur Verfügung gestanden. Für 2016 wären dagegen 24.000 Euro an Spendengeldern eingegangen, sodass bereits seit Mai zwischen zwei bis sechs Freiwillige für jeweils drei bis vier Wochen auf Lesbos seien.
Die Menschen, die nach Lesbos flüchten, seien verzweifelt, berichtete Fehr. Die meisten wüssten nichts über Europa. Sie ahnten nicht, welche Probleme sie hier erwarteten oder wie schlecht man sie in Europa behandeln würde. Sie wüssten aber: Wenn sie europäischen Boden erreichen, brauchen sie keine Angst mehr zu haben, dass ihre Kinder beim Spielen auf der Straße mit militärischen Waffen getötet werden. „Sie wissen nichts über unsere Politik, außer, dass sie in Europa Krieg, Chaos und unbeschreibliches Leiden hinter sich gelassen haben.“
Hart arbeitende Freiwillige versorgten Flüchtlinge
Als im Sommer 2015 die Flüchtlingszahlen dramatisch stiegen, sei niemand darauf vorbereitet gewesen. „Wir erlebten erschütternde Bedingungen in überfüllten Flüchtlingslagern, denen es an Obdach, Nahrungsmitteln, Gesundheitsdiensten und einer genügenden Wasser- und Sanitärversorgung fehlte“, so Jakob Fehr. Obwohl die Christian Peacemaker Teams keine humanitäre Hilfe anbieten, hätten sie durch ihre regelmäßige Präsenz in den Lagern helfen können. Etwa durch ein offenes Ohr für die Anliegen der Flüchtlinge und Aufmerksamkeit für ihre dringendsten Bedürfnisse. Die Anwesenheit von CPT-Teams habe für ein öffentliches Bewusstsein gesorgt, sodass es in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen und den Freiwilligengemeinschaften der Insel gelungen sei, einige der erforderlichen Hilfen zu beschafften.
Ein Großteil der Nahrungs-, Wasser- und Gesundheitsversorgung sei damals von „hart arbeitenden Freiwilligen aus einer Vielzahl von Organisationen“ übernommen worden. Fehr erwähnte als Beispiele Lesvos Solidarity, Save the Children, Islamic Relief, Welcome to Europe, Social Kitchen, Shelter Box, Action Aid und Isra Aid. Laut Holger Teubert, stellvertretender Pressesprecher der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland, war auch die private, von Adventisten geleitete Freiwilligenorganisation „Adventist Help“ mit ihrem Klinikbus an der Nordküste von Lebos in Einsatz, wo die meisten Bootsflüchtlinge an Land gingen. Insgesamt etwa 100 Freiwillige, darunter Ärzte und medizinisches Personal, seien auf die Insel gekommen, um die Gesundheitsversorgung einige Monate lang zu unterstützen. Gleichzeitig habe die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA 2,5 Tonnen von der slowenischen Bevölkerung für die Flüchtlinge gespendete Hilfsgüter per Flugzeug nach Lesbos gebracht.
Flüchtlingszentrum mit und ohne Stacheldraht
In der Nähe des Dorfes Moria, etwa 15 Kilometer von der Inselhauptstadt Mytilini entfernt, befinde sich ein von der EU finanziertes Registrierungszentrum. Es sei wie ein Gefängnis gebaut worden, mit hohen Zäunen, Stacheldraht und Wachposten. Die Bedingungen im Lager wären schlimm, so Fehr. Es sei überfüllt, und bei den verschiedenen Nationalitäten führten schon Kleinigkeiten zu Unruhen unter den Flüchtlingen. Das Warten und die Perspektivlosigkeit machten die Menschen aggressiv. Erst nach der Registrierung, die Wochen dauern könne, sei es den Flüchtlingen möglich einen Asylantrag zu stellen. Bis zur Entscheidung über den Antrag könnten Monate vergehen. Da immer noch Flüchtlinge nach Lesbos kämen, wachse ihre Zahl ständig. Durch das EU-Türkei-Abkommen, das nicht funktioniere, sei zu erwarten, dass viele von ihnen mehrere Jahre lang auf der Insel bleiben müssten, vermutet Fehr. Im September 2016 hätten einige das Lager angezündet. Der Schaden sei zwar inzwischen wieder behoben, doch die Situation habe sich nicht verbessert.
Dass es auch anders gehe, zeige die Partnerorganisation Lesvos Solidarity. Sie hat das „Pika Welcome Center“, ein selbstorganisiertes, autonomes Aufnahmezentrum für Flüchtlinge in einem schattigen, fast idyllischen ehemaligen Jugendcamp in der Nähe des Flughafens eingerichtet. Dort gebe es keinen Zaun oder Stacheldraht um Menschen zu beschränken oder gefangen zu halten, berichtete Jakob Fehr. Pika werde ohne staatliche Förderung organisiert und von den Inselbehörden toleriert. Aufgenommen würden zwischen 80 und 100 Flüchtlinge, die besonders gefährdet seien, etwa Minderjährige. Die CPT-Teams würden sich auch um sie kümmern und bei Konflikten vermitteln.
Dokumentation von Gerichtsprozessen
Zurzeit beschäftige sich das Team mit der Dokumentation von Gerichtsprozessen gegen junge Männer, die am Steuer eines Flüchtlingsbootes erwischt wurden. Diese würden in schnellen Verhandlungen, manchmal nur 15 oder 30 Minuten lang, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. In einem Fall sei ein 17-Jähriger zu 40 Jahre Gefängnis abgeurteilt worden. Laut Fehr würden die Menschenschmuggler selbst nicht in den Booten sitzen. Stattdessen würden sie einen der Flüchtlinge zwingen, das Boot die wenigen Kilometer bis nach Lesbos selbst zu steuern. Zwar würden in einem Berufungsverfahren die Strafen meist abgemildert, dennoch müsse diese Thematik an die Öffentlichkeit gebracht werden. Deshalb arbeiteten die Christian Peacemaker Teams mit einer Anwältin zusammen an einer Dokumentation über derartige Prozesse.
Kunstausstellung „Kriegsspuren“
Vom 7. bis 16. November fand außerdem die Ausstellung „Kriegsspuren“ mit Werken der Künstlerin Sigrun Landes-Brenner in der katholischen Kirche St. Eduard Berlin-Neukölln statt. Täglich finden sich in den Medien Berichte über Kriegshandlungen und Geflüchtete. „Es gibt Menschen, die über ihre Ohnmacht schreiben oder die darüber sprechen können. Ich habe meine Sprachlosigkeit auf Leinwänden festgehalten“, so die Malerin der Bilder. Fotos, die sie besonders gefangen nahmen, wanderten auf die Leinwand, die Textausschnitte der begleitenden Artikel ergänzten die Eindrücke. Wie von selbst gesellten sich Engel mit auf die Bilder. „Engel, die betrachten, beschützen und überlegen, wo und wie sie trösten und helfen können“, erläuterte Sigrun Landes-Brenner. Grundiert sind die Bilder mit unterschiedlichen Gesteinsmehlen, die Bild- und Textausschnitte mit Kaffee lasiert und teilweise gestaltet, die Engel und Teile der Bilder sind mit Metallspänen gemalt.
Mit dem Kauf eines Bildes werden Projekte des Mennonitischen Friedenszentrums Berlin (MFB) unterstützt. Laut dessen Leiterin, Pastorin Martina Basso, handele es sich dabei um Selbstverteidigungskurse für geflüchtete Frauen und das Café Abraham-Ibrahim. Letzteres finde alle 14 Tage in Berlin-Neukölln statt. Das Treffen interessierter Muslime, Christen und Atheisten helfe, die anderen begreifen zu lernen, Unterschiede zu akzeptieren und nach gemeinsamen Werten zu fragen. Die Mennoniten gelten als die älteste evangelische Freikirche, so Basso. Sie entstanden in der Reformationszeit des 16. Jahrhunderts und gehören zu den „historischen Friedenskirchen“. Die Kunstausstellung wurde gemeinsam vom Internationalen Pastoralen Zentrum (IPZ) des Erzbistums Berlin und dem MFB getragen. Weitere Informationen unter www.menno-friedenszentrum.de