„Derzeit lehnen deutsche Behörden und Gerichte dies meist ab, weil Staaten ein Recht zugestanden wird, eine Wehrpflicht durchzusetzen“, kritisiert Wolfgang Buff, einer der Sprecher der EAK. Das führe dazu, dass immer wieder auch Personen, die ihr Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung ausüben und in Deutschland Schutz vor Verfolgung suchen, in ihr Heimatland abgeschoben und dort wieder verfolgt würden. „Darum ist es wichtig, dass dies geändert wird“, fordert Buff.
Gewissensnot achten und schützen
„Es gibt viele Fälle, wo Menschen den Militärdienst verweigern oder desertieren, weil ihr Kriegsdienst eine Teilnahme an Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit bedeuten würde. Allein dies wäre schon Grund genug, den Betroffenen in Deutschland Schutz und Asyl zu gewähren“, betonte Maike Rolf, welche die EAK im Europäischen Büro für Kriegsdienstverweigerung (EBCO) vertritt und für EBCO im European Youth Forum mitwirkt. „Es geht aber auch darum, deutlich zu machen, dass Kriegsdienstverweigerung ein unverzichtbarer Teil der Glaubens- und Gewissensfreiheit ist. Eine Verweigerung des Kriegsdienstes, ebenso aber auch eine Desertion sind mutige persönliche Schritte aus Gewissensnot, die zu achten und zu schützen, aber nicht zu verfolgen sind“, so Maike Rolf.
Kein Interesse an Durchsetzung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung
Für Friedhelm Schneider, EAK-Mitglied und EBCO-Vorsitzender, bleibe es ein inakzeptabler Zustand, dass die deutsche Bundesregierung keinerlei Interesse an der europäischen Durchsetzung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung erkennen lasse. Offensichtlich fühle sich das Außenministerium nur unzureichend an die EU-Leitlinien zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit von 2013 gebunden, welche die Umsetzung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen ausdrücklich einfordere. Im Bereich des Europarats werde die jahrzehntelange Missachtung der Urteile des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofs zugunsten türkischer Kriegsdienstverweigerer auch von deutscher Seite hingenommen, ohne dass Konsequenzen erfolgten. Die Ausblendung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung aus der staatlichen Menschenrechtspolitik sei, so Schneider, in vielfacher Hinsicht ein problematisches Signal, das dringend der Korrektur bedürfe.
Mittlerweile beobachte die EAK zudem mit Sorge, dass in vielen europäischen Ländern zunehmend Menschen, die aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigern würden, Diskriminierungen ausgesetzt seien, sagte die EAK-Referentin Maike Rolf. Dazu komme, dass viele Länder mittlerweile auch wieder die Wehrpflicht einführen würden, so kürzlich in Litauen.
Kriegsdienstverweigerer auch in Deutschland
Doch auch in der Bundesrepublik sei die Kriegsdienstverweigerung (KDV) weiterhin ein Thema, gibt Wolfgang M. Burggraf zu bedenken. „Seit der Aussetzung der Einberufung zur Wehrpflicht in Deutschland spielt eine Kriegsdienstverweigerung zahlenmäßig nur eine geringe Rolle, aber auch heute verweigern weiterhin Berufs- und Zeitsoldatinnen und -soldaten aus Gewissensgründen den Kriegsdienst und landen oft vor Verwaltungsrichtern“, erläuterte der EAK-Geschäftsführer. Hier sei es Aufgabe der EAK, die Prozesse zu beobachten, aber auch den Betroffenen zur Seite zu stehen. Dazu komme, dass Soldatinnen und Soldaten, die einen KDV-Antrag stellten, oft auch unfairen Behandlungen nicht zuletzt durch Kameraden in der Bundeswehr ausgesetzt wären, die nicht zu akzeptieren seien. „Denn sie nehmen ein Grundrecht wahr“, so Burggraf.
EAK
Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) ist innerhalb der „Konferenz für Friedensarbeit im Raum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)“ der Dachverband für jene, die in den evangelischen Landeskirchen und Freikirchen für Fragen der Kriegsdienstverweigerung und Friedensarbeit zuständig sind. Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) wird im EAK-Vorstand von Dr. Horst Sebastian (Hamburg) vertreten. Er leitet das Referat Kriegsdienstverweigerung und Frieden der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland.