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Ruanda: Adventisten wollen Genozid-Gedenkstätte errichten

(lifePR) (Milton Freewater, Oregon/USA, )
Die Kirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten in Ruanda hat angekündigt, eine Genozid-Gedenkstätte auf dem kircheneigenen Gelände in Mugonero im Karongi Distrikt zu errichten. Das berichtete The New Times, Ruandas führende Tageszeitung, und am 23. April auch der unabhängige journalistische Dienst Adventist Today.

Mehr als 2.000 Angehörige der Tutsi-Minderheit wurden am 16. April 1994 in der adventistischen Kirche und rund 1.000 weitere auf dem Campus der Siebenten-Tags-Adventisten in Mugonero, 50 Kilometer westlich der Hauptstadt Kigali, von Angehörigen der Hutu-Mehrheit getötet. Auf dem Gelände befinden sich neben der Kirche auch das Krankenhaus und die Universität der Adventisten. Beim Abschlachten von Männern, Frauen und Kindern in Mugonero soll es sich um das größte Einzelereignis eines Massakers während des ruandischen Völkermords gehandelt haben, berichtet SPECTRUM, die private Zeitschrift der Vereinigung adventistischer Foren (AF) in den USA. Demnach seien 99 Prozent aller adventistischen Angestellten, nämlich Pastoren, Krankenhauspersonal und weitere Mitarbeitende, in der Mugonero-Region umgebracht worden. Es werde geschätzt, dass während des Völkermords rund 10.000 Adventisten ums Leben kamen, so SPECTRUM.

Laut UNO-Angaben sind zwischen April und Juli 1994 im ostafrikanischen Ruanda rund 800.000 Menschen, vorwiegend Tutsis, aber auch gemäßigte Hutus umgebracht worden.

Gedenktafel mit den Namen der Opfer

Pastor Jerome Habimana, Finanzvorstand der teilkontinentalen adventistischen Kirchenleitung für Ost-Zentralafrika (East-Central Africa Division) mit Sitz in Nairobi/Kenia, teilte laut Adventist Today mit, dass die Glaubensgemeinschaft „die zerstörte Kirche wiederaufbauen und daraus eine Genozid-Gedenkstätte machen wird“. Damit solle den Opfern Ehrerbietung erwiesen werden, deren Überreste sich derzeit in einer provisorischen Gedenkstätte befänden.

„In der ganzen Welt ist dies der einzige Ort, an dem ein adventistischer Kirchenleiter auf dem Gelände der Kirche an der Tötung von Glaubensangehörigen mitwirkte“, wurde Habimana zitiert. „Deshalb werden wir auch eine Granittafel mit allen Namen der Opfer, die in der Kirche getötet wurden, errichten“, sagte der Pastor. Die Kirchenleitung habe dafür umgerechnet 73.000 Euro bereitgestellt. Die örtliche Verwaltung werde laut Francois Ndayisaba, dem Bürgermeister des Karongi Distrikts, bei dem Projekt mit der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten zusammenzuarbeiten.

Das Massaker in Mugonero

Am 15. April 1994, dem Tag vor dem Massaker in der adventistischen Kirche von Mugonero, wandten sich sechs Pastoren der Glaubensgemeinschaft aus dem Volksstamm der Tutsi mit einem Brief an Pastor Elizaphan Ntakirutimana, ein Hutu und damals Präsident der regionalen adventistischen Kirchenleitung (Vereinigung) der Kibuye Region. Sie baten ihn, einzuschreiten. „Wir möchten Dir mitteilen, dass wir vernommen haben, dass wir morgen mit unseren Familien getötet werden“, schrieben sie. „Wir bitten Dich daher, in unserem Namen zu intervenieren und mit dem Bürgermeister zu sprechen. Dein Eingreifen wird sehr geschätzt werden, so wie damals, als die Juden durch Esther gerettet wurden.“ Pastor Elizaphan Ntakirutimana sei ein politischer Vertrauter des lokalen Regierungschefs Clement Kayishema gewesen, so die Zeitung The New Times. Pastor Ntakirutimana habe auf den Brief geantwortet: „Es gibt nichts, was ich für Euch tun kann. Alles, was Ihr machen könnt, ist, Euch auf den Tod vorzubereiten, denn Eure Zeit ist gekommen.“

Im Februar 2003 wurden Elizaphan Ntakirutimana sowie dessen Sohn Gérard, der als leitender Arzt am adventistischen Krankenhaus in Mugonero tätig war, vom Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen zur Aufarbeitung des Völkermordes in Ruanda (ICTR) wegen Beihilfe und Begünstigung zum Völkermord zu zehn Jahren Haft und der Mediziner wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren verurteilt. Elizaphan Ntakirutimana wurde im Dezember 2006 aus der Haft entlassen und starb im Januar 2007 im tansanischen Arusha im Alter von 82 Jahren.

Furchtloser Einsatz von Carl Wilkens rettete Hunderten das Leben

Die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Ruanda ist seit 1978 im Land tätig, so auch während der Zeit des Völkermords. Nach Ausbruch der Gräueltaten 1994 entschied laut Wikipedia der damals 30-jährige Carl Wilkens, Direktor von ADRA Ruanda, als einziger US-Amerikaner des Hilfswerks das Land nicht zu verlassen. Er setzte sich für rund 400 Kinder im Waisenhaus Gisimba und für verfolgte Erwachsene ein. Es sei davon auszugehen, dass seine mutige Präsenz als Weißer in der bedrohten Institution Hunderten das Leben gerettet habe. Zudem hätte er mit einem ADRA-Fahrzeug 100 Kinder des Vatier Waisenhaues und weitere Bedrohte über die Kampflinien hinweg mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln versorgt.

Adventistischer Glaube und Gewalt

Laut Adventist Today löste das Massaker von Mugonero unter den Adventisten weltweit große Diskussionen über das Verhältnis zwischen adventistischem Glauben und Gewalt sowie den damit zusammenhängenden sozialen Problemen, wie ethnische Konflikte, aus. Es bleibe eine offene Frage, so ein pensionierter kirchlicher Mitarbeiter in den USA gegenüber Adventist Today, wie die Konzentration auf die biblische Lehre, unter Missachtung der Sozialethik, zu einem so grundlegend verzerrten Glauben führen könne.

„Die Ntakirutimanas waren nicht die einzigen Adventisten, die sich in Ruanda auf die Seite der Mörder stellten. In Regionen mit vielen Siebenten-Tags-Adventisten war das Morden genauso schlimm wie im Rest des Landes“, schreibt Ron Osborn in SPECTRUM. Es seien adventistische Kirchengänger in den Mobs gesehen worden, die jenen zugejubelt hätten, welche die Morde begangen hätten. Im Jahr 2010 wären in den Gefängnissen Ruandas immer noch zahlreiche Adventisten gesessen, die in den Völkermord verwickelt gewesen seien.

Adventisten in Ruanda

In Ruanda, mit 13 Millionen Einwohnern, feiern 802.000 erwachsen getaufte Siebenten-Tags-Adventisten in 1.786 Kirchen und 699 Gruppen jeweils am Samstag den Gottesdienst. Die Adventisten unterhalten im Land 46 Grund- und 13 weiterführende Schulen, eine Universität, ein Krankenhaus, sechs Tageskliniken sowie eine Radio- und TV-Station.

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