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Zu Ostern kam die Stadtwache

Erinnerung an die Osterversammlung der Täufer 1528 in Augsburg

(lifePR) (Augsburg, )
Am Ostersonntag, dem 12. April 1528, versammelten sich in Augsburg in aller Frühe hundert Männer und Frauen im Haus von Susanna und Hans Daucher. Sie wollten miteinander die Auferstehung Christi feiern. Gartenbrüder und -schwestern wurden sie genannt, weil sie sich im Sommer in Gärten versammelten. Im Winter trafen sie sich in Häusern, manchmal auch Wirtshäusern. Anders als den vom Augsburger Stadtrat unterstützten Anhängern Zwinglis oder Luthers überließ man ihnen keine Kirche. Doch die Versammlungen waren illegal. Weil die „Gartengeschwister“ die Kindertaufe ablehnten und meinten, jeder solle sich frei für den Glauben entscheiden, wurden sie als „Wiedertäufer“ und Ketzer angefeindet. Nach anfänglicher Duldung konnten sie sich in Augsburg nur noch im Geheimen treffen. Zwölf Personen verließen die Osterversammlung vorzeitig. Die Stadtwache umstellte das Haus und verhaftete achtundachtzig Täuferinnen und Täufer, legte sie in Eisen und brachte sie zum Rathaus. Alle wurden verhört, die Auswärtigen bald darauf ausgewiesen.

Sie hatten sich nur mit dem Wort Gottes beschäftigt

Doch die Täuferinnen und Täufer hatten nichts Schlimmes getan. In ihren Versammlungen sei nur das Wort Gottes vorgelesen und gelehrt worden, geht aus dem Verhörprotokoll der Maxentia Wissinger vom April 1528 hervor. Dennoch wurden die Augsburger unter ihnen „gütlich und peinlich befragt“, also ohne und mit Folter verhört, so der Historiker und Pastor der Mennonitengemeinde Augsburg, Wolfgang Krauß. Dorothea Fröhlich, Scholastika Stierpaur und Thomas Paur erhielten ein Kreuz auf die Wange gebrannt. Strafe dafür, dass auch sie ihr Haus für Versammlungen der Täufer geöffnet hatten. Elisabeth Heggenmiller wurde die Zunge herausgeschnitten, weil sie Gott gelästert habe. Den Täuferprediger Hans Leupold verurteilte man zum Tod. Auch die Hausherrin Susanna Daucher wurde zu einem Brandzeichen „auf den Backen“ verurteilt. Doch weil sie schwanger war, erließ man ihr diese Strafe „aus Gnaden“. Stattdessen wurde sie am 21. April 1528 aus Augsburg verbannt. Ihre beiden kleinen Söhne musste sie zurücklassen. Dutzende andere Verurteilte seien „aus der Stadt gehauen“ worden.

Eine Gedenktafel an dem Versammlungsort Hinterer Lech 2 in Augsburg erinnert seit 12. April 2013 an das damalige Geschehen zu Ostern 1528. Zum Jahrestag des Geschehens würden die Namen der Ostern 1528 Verhafteten und Verurteilten in einer Gedenkveranstaltung der Augsburger Mennonitengemeinde verlesen. Die Namen seien in den Verhörprotokollen im Augsburger Stadtarchiv überliefert, teilte Pastor Krauß mit.

Prediger Leupold aus Gnaden mit dem Schwert hingerichtet

Der zum Tode verurteilte Leiter der Augsburger Mennonitengemeinde, Hans Leupold, wurde am 25. April 1528 „aus Gnaden“ mit dem Schwert hingerichtet. „Aus Gnaden“ deshalb, um ihm den grausameren Feuertod zu ersparen, erläuterte Krauß. Leupold hinterließ seine Frau Barbara und zwei Kinder, von denen das jüngste fünf Monate alt war. Als ihm vom Rathaus aus vorgelesen wurde, dass er mit dem Schwert vom Leben zum Tod gerichtet werden solle, habe er ausgerufen: „Nicht also Ihr Herren von Augsburg, sondern aus dem Tod zum Leben!“, womit er das ewige Leben gemeint habe. Darüber hätte sich die zuschauende Menge verwundert.

Leupold sei bei den Verhören auch gefoltert worden. Er habe bekannt, wo und wen er getauft hatte. „Menschen in die Nachfolge Jesu zu rufen und sie zu taufen, das war sein todeswürdiges Verbrechen“, stellte der Historiker Krauß fest. Leupold habe sich gegen den Vorwurf des Aufruhrs gewehrt. Die Täufer hätten nur gemeinsam das Wort Gottes betrachtet. Da er sich weigerte seine Glaubensansichten zu widerrufen, sei das Todesurteil festgestanden. Denn er hatte das Mandat des Augsburger Rates vom 11. Oktober 1527 verletzt, worin bei Lebens-, Leibes- oder hoher Geldstrafe verboten wurde, sich den „Wiedertäufern“ anzuschließen, ihre Prediger zu speisen und zu beherbergen, den Kindern die Kindertaufe vorzuenthalten oder an irgendwelchen „Rottierungen“ teilzunehmen. Trotz seiner Ausweisung am 1. Oktober 1527 habe er sich wieder in die Stadt geschlichen, habe Rottierung und Versammlung in Gruben, Kellern und an anderen unziemlichen Orten zu verdächtigen Zeiten in der Stadt und ihrer Umgebung gehalten, „den kindertauff vernicht“, die „Wiedertaufe“ und andere böse Lehre unter dem Schein des Guten gepredigt, auch mehrere Personen in der Stadt und außerhalb wiedergetauft sowie Briefe den „Wiedertäufern“ überbracht.

Augsburg ein Zentrum der Täuferbewegung

Augsburg sei laut Wolfgang Krauß ein Zentrum der Täuferbewegung gewesen. Diese habe in Zürich im Januar 1525 begonnen, als eine radikal reformatorisch gesinnte Gruppe anfing, nicht mehr Kinder sondern zum Glauben gekommene Erwachsene zu taufen. Im Mai 1526 sei es dann zu ersten Glaubenstaufen auch in Augsburg gekommen. Zwischen 1526 und 1529 seien mehr als 300 Täufer und Täuferinnen namentlich bekannt. Schätzungen gingen von insgesamt 700 bis 1.000 Gläubigen aus. Zeitweise sei die Augsburger Täufergemeinde neben Reformierten und Lutheranern eine dritte reformatorische Richtung in der Stadt gewesen. Viele der aus Augsburg Vertriebenen hätten Anschluss an die Täufergruppen in Mähren gefunden und gingen auf in den Gemeinden der Mennoniten und Hutterer. Weitere Verfolgungen führten sie über viele Wanderungen nach Russland und Nordamerika. Als erste Freikirche und historische Friedenskirche gehörten sie heute zum „vielfältigen Mosaik der Kirchen“, so Krauß.

Nach der 1528 von der Stadtwache gesprengten Osterversammlung hätten die Täufer in Augsburg bis 1556 nur noch als zurückgezogene Untergrundgemeinde existieren können. Danach verloren sich laut Krauß ihre Spuren. Erst seit 1926 gibt es wieder eine Mennonitengemeinde in der Fuggerstadt. Weitere Informationen unter www.mennonitengemeinde.de

Lutheraner entschuldigen sich bei den Täufern

Während der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) im Juli 2010 in Stuttgart versöhnten sich in einem Bußgottesdienst der LWB und die Mennonitische Weltkonferenz. Vorausgegangen war ein einstimmig gefasstes Schuldbekenntnis der Vollversammlung des LWB gegenüber den Täufern. Im Schuldbekenntnis heißt es unter anderem: „Im Vertrauen auf Gott, der in Jesus Christus die Welt mit sich versöhnte, bitten wir deshalb Gott und unsere mennonitischen Schwestern und Brüder um Vergebung für das Leiden, das unsere Vorfahren im 16. Jahrhundert den Täufern zugefügt haben, für das Vergessen oder Ignorieren dieser Verfolgung in den folgenden Jahrhunderten und für alle unzutreffenden, irreführenden und verletzenden Darstellungen der Täufer und Mennoniten, die lutherische Autoren bis heute in wissenschaftlicher oder nichtwissenschaftlicher Form verbreitet haben.“

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