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Sprache der Liebe. Asta Nielsen, Ihre Filme, Ihr Kino 1910-1933

Filmretrospektive sämtlicher erhaltener Filme im Kino Arsenal: 6. März – 13. April 08

(lifePR) (Berlin, )
"Asta Nielsen, in einer Arbeiterfamilie geboren, wurde Schauspielerin aus Leidenschaft. Sie begann ihre Schauspielkarriere in Kopenhagen und hatte Anteil an der damaligen skandinavischen Theateravantgarde. 1910 drehte sie zusammen mit einem Kollegen, Urban Gad, ihren ersten Film. AFGRUNDEN wurde ein Welterfolg. Das bestimmte ihre weitere Entwicklung, die Nielsen ging als Filmschauspielerin in die Geschichte ein, auch wenn sie daneben bis in die 30er Jahre hinein immer auch Bühnenauftritte hatte. Die meisten ihrer Filme entstanden in Deutschland, und zwar von 1911 bis 1914 mit Urban Gad als Regisseur und Paul Davidsons Produktionsfirma Projektions AG Union (PAGU). Das waren auch die Jahre, in denen sie eine bis heute das Publikum hinreißende Spielfilmästhetik entwickelte. Krieg, Weimarer Republik, die nationalsozialistische Machtergreifung bedeuteten nicht nur äußerliche Eingriffe in ihre Karriere – Abbruch der Filmarbeit 1914, zwischenzeitlich Wiederaufnahme 1916, Rückkehr nach Berlin 1918 und Ende ihrer Filmarbeit 1933. Sie musste sich auch mit den jeweils veränderten Verhältnissen in der Filmbranche auseinandersetzen. Mit ihrem Spiel auf diese Veränderungen zu reagieren, sich in sie einzumischen, gelang ihr immer aufs Neue, selbst als der Tonfilm kam. 1932 drehte sie UNMÖGLICHE LIEBE, in dem sie die Stimme so einsetzt, dass die Materialität des Tons wie der Stille zum Tragen kommt.

Asta Nielsen hat ihren festen Platz in der Filmgeschichtsschreibung. Ihre Filme jedoch erfuhren und erfahren immer noch eine ungerechte Vernachlässigung. Das ist nicht nur an sich ein Verlust. Der Geringschätzung der Komödien und Kinodramen korrespondiert eine Abstraktion der Schauspielerin vom übrigen Film, die auch ihrem Spiel nicht gerecht wird. Die Herauslösung geschah schon in den 20er Jahren und fand ihre Apotheose in Béla Balázs’ Begriff von einer "Gebärdensprache der Erotik", die uns die Nielsen vorführt. Der Text des frühen Filmtheoretikers besticht in seiner Verve und Einfühlsamkeit noch heute. Und doch geht er darüber hinweg, wie sich zur gleichen Zeit der Nielsen schon der filmische Zusammenhang entzog, in dem sie wirken konnte. Während Balázs das Phänomen Nielsen in den Himmel der Sprachkunst erhob, fiel sie in Wirklichkeit schon aus der Filmproduktion und dem Kino heraus. Die Rede von einer Sprache der Erotik ist vor allem Ausdruck einer Liebe des Zuschauers, die ihn mit Macht ergreift. Von deren unverminderter Wucht können wir beim heutigen Wiedersehen nicht ausgehen, wohl aber von einer neuen Wahrnehmung der Welt der frühen Filme – der Filme der 10er Jahre – in denen Asta Nielsen sich einmal wie ein Fisch im Wasser bewegte.

Unsere heutige Wahrnehmung der Nielsenfilme ist durch geschichtliche Erfahrungen des 20. Jahrhunderts einerseits komplexer, andererseits aber auch, aufgrund eines immensen Erfahrungsverlusts, ärmer geworden. So haben wir kaum noch Empathie für die Dramatik der Leidenschaft, das Pathos des Sexuellen, das Bedeutende des Geschlechterkonflikts. Zum Alltag um 1900 gehörten sie jedoch hinzu – wofür Sigmund Freud ebenso ein Zeuge ist wie die Sexualreform- und Frauenbewegungen. Gewonnen haben wir heute dagegen einen Blick für die Verhandlungen von Emanzipation und Reaktion in einer Massenkultur, die mit dem Kino begann. Uns fällt es leichter, die außerordentliche Bewegtheit der Nielsen in ihrer Verbindung, ihrem Durchdrungensein mit dem Trivialen, Populären und der neuen Technologie zu sehen, statt für ihre Würdigung den Horizont ursprünglicher Sprache beschwören zu müssen. Nicht die feministische oder gender-gebriefte Umwertung der ehemals männlichen Feier eines erotischen Sprachkörpers steht zur Debatte. Ein Star der lesbischen Subkultur war die Nielsen – anders als Marlene Dietrich – ohnehin nie. Allerdings treten die Momente der Grenzüberschreitung, das Normen überschreitende Gebaren, die Hosenrollen, das Spiel mit den Alterszuschreibungen zur Zeit vielleicht mehr denn je hervor und erfreuen das Herz, das queer schlägt. Doch die eigentliche Möglichkeit für eine Revision der Filmgeschichtsschreibung liegt in der Wahrnehmung der Nielsen im Kontext des Films, der Filme, wie sie im heutigen Kino aufgeführt werden und darin Geschichte vergegenwärtigen."
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