Patrick Lo Giudice, Encaustiker der Neuzeit, lässt eine eigentümliche Welt in sein Schaffen einfließen. Die Form ist Kunst - Der Inhalt Realität. Das gezeigte Blut ist tatsächlich geflossen, das gezeigte Gesicht hat sich tatsächlich gespiegelt.
Kunst gegen die Kunst der Verstellung. "Eine gute Mafia gab es nie". "Die berühmte kriminelle Vereinigung aus Sizilien hat sich in den rund 140 Jahren ihres Bestehens erstaunlich wenig gewandelt", schreibt denn auch John Dickie in seinem Meisterwerk Cosa Nostra - die Geschichte der Mafia. "Die Welt hat sich geändert, aber die sizilianische Mafia hat nichts anderes getan, als sich darauf einzustellen; sie ist heute, was sie immer war: eine verschworene Geheimgesellschaft, die die Kunst pflegt, Menschen umzubringen und ungestraft davon zukommen."
Vor diesem Hintergrund erhält Patrick Lo Giudices Credo "nicht anklagen, nicht verherrlichen, einfach abbilden" - eine ganz besondere Dimension.
Zum Konzept gehört stets ein Tropfen Blutrot. Klar genug, damit die weiche Schönheit der Encaustik die harte Realität nicht vergessen lässt. Dezent genug um das Blutrot nicht zum Sensationseffekt werden zu lassen.
Die Fotografen Letizia Battaglia und Franco Zecchin schossen in den späten 70ern und frühen 80er Jahren des 20. Jahrhunderts eine lange Reihe von Dokumentarfotografien. Eckpunkte aus dieser Serie hängen heute im Museum of Modern Art in New York. (Eine umfangreiche Auswahl ist im Buch Dovere di cronaca - The Duty to report zusammengefasst.) Letizia Battaglia und Franco Zecchin hörten den Polizeifunk mit, dessen Frequenz offenbar kein großes Geheimnis war. In den verwinkelten Gassen waren Sie mit ihrem Motorrad schneller als die Carabinieri mit Ihren Autos. Sie arbeiteten ohne Jobsicherheit, ganz auf sich allein gestellt. Sie hätten jederzeit ausgeraubt oder angegriffen werden können. Die Fotografen hatten keine Kontrolle über die Verwertung der Bilder in den Massenmedien. Sie waren das erste Glied in der Informationskette, die erste Anknüpfung an die Realität. Wenn Patrik Lo Giudice sich eines Ihrer Bilder zur Vorlage nimmt, können Letizia Battaglia und Franco Zecchin sicher sein, dass die Kette nicht in mediale Abgründe führt, sondern in künstlerische Höhen.
ÜBER Patrick Lo Giudice:
Geboren 1959 in Zürich. 1970-1973 Graniti, Sizilien (Taormina), erste künstlerische Arbeit: Fresko im Kloster Orfanotrofio Antoniano. 1983 erste Experimente mit Glas, Bleiverglasen bei John Forbes (USA). Diverse Aufenthalte mit Glasbläsern und Künstlern in Murano/Venedig (I). Versuche mit Lexan. 1996 erste Arbeiten in Wachs (Encaustik). http://www.patrickart.ch.