Die Geschichte
Am 17. Juni 1953 befreiten die streikenden Arbeiter in Halle die Insassen aus der Untersuchungshaftanstalt in der Kleinen Steinstrasse. Unter ihnen befand sich auch eine gewisse Erna Dorn, die wegen kleiner Betrügereien in Untersuchungshaft saß. Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Aufstandes wurde sie trotz fadenscheiniger Beweislage als Rädelsführerin verurteilt und hingerichtet.
Das Stück
Zahllos sind die Vermutungen über die wahre Identität der „Legende“ Erna Dorn: KZ-Bestie, faschistische Provokateurin, westliche Agentin oder doch Stasi- Mitarbeiterin? Oder ist sie gar die spurlos verschwundene ehemalige Direktorin der Francke Oberschule? Erich Loest rückt die Spekulationen zurecht. Er zeigt Erna Dorn als Opfer des Unrechtsystems der Stasi und entlarvt dessen Funktionsweise.
Der Autor
Erich Loest wurde am 24. Februar 1926 in Mittweida/Sachsen geboren. In seinen Romanen setzt er sich häufig mit Stoffen aus seiner Biographie auseinander und verarbeitet Erlebnisse aus seiner Vergangenheit in der DDR. Den 17. Juni 1953 bezeichnet er als „letzten Aufstand des sozialdemokratischen Geistes gegen den Kommunismus.“ Seit 1994 ist Loest Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Schriftsteller. Einem breiteren Publikum wurde er vor allem durch seine Romane „Völkerschlachtdenkmal“ und „Nikolaikirche“ bekannt. Loest lebt und arbeitet in Leipzig.
Die Inszenierung
Eine Annäherung an die Person Erna Dorns findet sowohl in monologischer Form der spekulativen Selbstbetrachtung als auch über verschiedene äußere Akteure statt.
Gezeigt werden: Der verurteilende Richter Brettmann und seine Frau Ingrid, die von Skrupel wegen der politischen Entscheidung geplagt werden. Der aufstrebende Hilfsrichter Holls, der nur allzu bereit ist, den Fall zu übernehmen. Der ehemalige Buchenwald-Häftling, der als Oberst des Ministeriums für Staatssicherheit einer vermeintlichen Sachzwanglogik folgt und Erna Dorn für die Niederschlagung des Aufstandes am 17. Juni opfert sowie seine Sekretärin, die ihre Hoffnung und ihren Glauben an eine bessere Gesellschaft noch nicht verloren hat.
Loest gewährt über die Darstellung persönlicher und politischer Handlungsmotive von Repräsentanten staatlicher Instanzen Einblick in die Zeit seiner Jugend und deren herrschende „Logik“. Die „Theatrale“ zeigt dieses spannende Stück, das sich sowohl direkt mit Hallescher Stadtgeschichte, wie mit staatspolitischer Zeitgeschichte auseinandersetzt, auf dem historischen Gelände der ehemals größten und bedeutendsten Grenzübergangsstelle, die sich in den letzten zehn Jahren vom einstigen Bollwerk des Grenzregimes zum Ort der Begegnung und der kulturell anspruchsvollen historisch-politischen Bildung entwickelt hat.
Inszenierung: Volker Dirkes
Bühnenbild/Kostüme: Thomas Blase
Dramaturgie: Simon van Parys
Produktionsleitung: Stefan Person
Assistenz: Inken Kautter
Die Gedenkveranstaltung ist eine Kooperation der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt und dem Verein „Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V“, Regionalgruppe Sachsen-Anhalt.