"Es ist ein Skandal. Etwa 25 Prozent der Mammakarzinome treten bei Frauen unter 50 Jahren auf, Tendenz steigend, und dennoch sind diese Frauen von der röntgenologischen Früherkennung ausgeschlossen", sagt der Kölner Frauenarzt Dr. Jürgen Klinghammer aus dem Vorstand der GenoGyn. Das Schlimme: Die Gynäkologen können nichts dagegen tun, obwohl sie davon überzeugt sind, dass die Mammographie eine sinnvolle Methode der Früherkennung ist. Wird der Brustkrebs in einem sehr frühen Stadium entdeckt, liegt die Heilungsrate bei 80 bis 90 Prozent. "Das bundesweite Screening ist auf Frauen zwischen 50 und 69 Jahre beschränkt und aufgrund der Rechtslage dürfen wir keine präventive Mammographie außerhalb des Screenings durchführen. Sie gilt bei einer 50-Jährigen als dringend empfohlene Brustkrebsvorsorge, bei einer 49-Jährigen aber als Körperverletzung." In der Praxis heißt das: "Einer beschwerdefreien 45-jährigen Patientin muss ich eine vorsorgliche Mammographie verweigern, weil keine medizinische Indikation vorliegt. Erkrankt dieselbe Patientin ein Jahr später an einem Mammakarzinom, habe ich ein Haftungsproblem. Verordne ich dagegen eine Überweisung mit einer nicht korrekten Indikation, begehe ich mit dieser sogenannten' grauen Mammographie' einen Versicherungsbetrug."
Die Forderung der GenoGyn an die ärztlichen Standesvertretungen: Klärung der Rechtslage oder gegebenenfalls Verhandlungen zur freiwilligen Röntgenuntersuchung auf Selbstzahler Basis außerhalb des gesetzlichen Mammographie-Screenings. "Auch Frauen unter 50 sollten die Freiheit haben, sich nach entsprechender Aufklärung eigenverantwortlich für oder gegen eine röntgenologische Prävention entscheiden zu können. Der jetzige Zustand kommt einer Entmündigung der Frau gleich", sagt Dr. Klinghammer und hofft, dass die große öffentliche Teilnahme am Tod von Barbara Rudnik, dem Appell der GenoGyn endlich Gehör verschafft.