Aenne Biermann (1898 - 1933) begann mit dem Fotografieren in der Babyzeit ihrer beiden Kinder. Erst die Bekanntschaft mit dem Geologen Rudolf Hundt, der sie bat, für seine wissenschaftlichen Untersuchungen verschiedene Minerale und Gesteinsproben zu fotografieren, veranlasste sie, sich intensiv mit den Möglichkeiten der Lichtbildkunst zu beschäftigen. Innerhalb weniger Jahre entstand ein umfangreiches Werk. Die fotografische Autodidaktin wurde bald zu einer international bekannten Vertreterin der "Neuen Sachlichkeit". Ihre Fotografien zeigen streng komponierte Natur- und Sachaufnahmen, Porträts, Akte und experimentelle Arbeiten mit Mehrfachbelichtungen. Zu ihren Lebzeiten wurden ihre Bilder auf mehreren nationalen und internationalen Fotoausstellungen gezeigt, zum Beispiel in Salzburg, Brüssel und London. Auch heute sind ihre Fotografien immer wieder auf Ausstellungen in verschiedenen Städten zu sehen, so derzeit im Sprengel Museum Hannover. Im Museum für Angewandte Kunst in Gera sind sie in einer Dauerausstellung zu besichtigen.
Aenne Biermann, geborene Anna Sibylla Sternefeld, kam vor hundert Jahren in Goch am Niederrhein zur Welt. Eine Berufsausbildung hat die Tochter eines Lederfabrikbesitzers wohl nicht erhalten. 1920 heiratete sie den Kaufmann Herbert Joseph Biermann (Mitinhaber des Biermann-Kaufhauses) und zog mit ihm nach Gera. Sie starb am 14. Januar 1933, einige Wochen vor ihrem 35. Geburtstag und wenige Tage, bevor Hitler Reichskanzler wurde. Ihre jüdische Familie - Sternefeld wie Biermann - wurde in der NS-Zeit verfolgt. Ihr Ehemann und ihre Kinder emigrierten nach Palästina. Ihr fotografisches Archiv mit mehreren tausend Negativen gilt seit 1939 als verschollen.
Das Geraer Museum für Angewandte Kunst ehrt das Schaffen der Künstlerin mit dem Aenne-Biermann-Preis für deutsche Gegenwartsfotografie, der alle zwei Jahre vergeben wird.
Der GVB dankt Frau Friedemann vom Stadtarchiv Gera für ihre Auskünfte und das Bildmaterial.