Die Funktion im Rennsystem:
Der Preis des Winterfavoriten ist mit einer Dotierung von 155.000 Euro das höchstdotierte und auch sportlich bedeutendste Galopprennen für zweijährige Pferde. Es führt über die für Zweijährigenrennen bereits relativ lange Distanz von 1600 Metern und gehört zur Europa-Gruppe III. Es ist damit international offen ausgeschrieben, ausländische Gäste sind bisher aber nur recht selten angetreten. Auslandssiege gab es bisher noch nie.
Das Rennen ist als eine Art Königslauf der Zweijährigen konzipiert und "klassisch" ausgeschrieben. Das heißt, alle Teilnehmer tragen dasselbe Gewicht (58 kg). Stuten würden 56 kg tragen, doch werden in diesem Jahr wie auch bereits seit längerer Zeit keine Stuten teilnehmen. Der Grund: Es gibt in Deutschland ein großes und ausgefeiltes Programm an Rennen für zweijährige Stuten, die reichhaltige Startmöglichkeiten bieten, ohne schon so früh den Wettbewerb mit den Hengsten aufzunehmen. So starten die bis zum Herbst profiliertesten zweijährigen Stuten heutzutage meistens im Preis der Winterkönigin (in diesem Jahr am 21. Oktober in Baden-Baden). In den frühen Jahren des Preises des Winterfavoriten starteten dagegen auch viele Stuten und kam es 15mal zu Stutensiegen.
Geschichte des Rennens:
Die meisten der Toprennen wurden früher auf den allein wichtigen Großrennbahnen in und um Berlin ausgetragen. Nach Nordrhein-Westfalen wechselten sie erst in der Nachkriegszeit, auf Grund der Zerstörung und der deutschen Teilung. Im westdeutschen Pferderennsport, wo sich auch der verbliebene Rennpferdebestand konzentriert hatte, bauten die Verantwortlichen das vorherige Gesamtsystem an Rennen für die einzelnen Pferdeklassen neu auf und fühlten sich dabei sowohl dem englischen Vorbild als auch den deutschen Traditionstiteln verpflichtet.
Der Preis des Winterfavoriten aber war eine Ausnahme, denn er war bereits im Westen gegründet worden. Er entstand 1899 in Köln und wurde nur viermal, kriegsbedingt, an anderer Stelle gelaufen: 1919 in Berlin-Karlshorst, 1939 in Gelsenkirchen-Horst, 1940 in Hoppegarten, 1946 in München-Riem. Nur fünfmal fiel das Rennen ganz aus: 1914, 1915, 1923, 1944 und 1945. Allein schon an dieser Tatsache läßt sich ermessen, wie groß der ihm beigemessene Stellenwert ist.
Bedeutung und Besonderheiten:
Der erste Sieger im Preis des Winterfavoriten hieß Hagen. Er gewann 1899 unter den Rennfarben des nicht mehr existierenden Gestüt Puchhof gegen vier Gegner, geritten von W. H. Jones. Die Zeit wurde damals noch nicht genommen. Hagen wurde später auch dem vorgestellten Ruf des Rennens gerecht, eine große Aussagekraft in Bezug auf das Deutsche Derby des folgenden Jahres zu haben, denn acht Monate später gewann derselbe Hagen auch das Blaue Band in Hamburg-Horn.
Ähnliches wiederholte sich dann aber erheblich seltener, als man angenommen hatte. Das gilt nicht nur für die "Neuzeit" mit erheblich größerem Pferdebestand, verstärktem Einsatz von Deckhengsten aus dem Sprinter- oder Meilersegment (und entsprechendem Einfluß auf die Distanzneigung ihrer Nachkommen) sowie insgesamt erheblich höherem Wettbewerbsniveau. Auch in den frühen Jahren schon kam es erstaunlich selten zu einem Doppel "Winterfavorit – Deutsches Derby". 1905/06 gelang dies noch dem großen Turf-Heros "Fels", dann erst wieder 1926/27 dem Schlenderhaner Mah Jong und schließlich 1960/61 Baalim sowie 1964/65 Waidwerk.
Die Statistik der 103 relevanten Austragungen ergibt: Nur 63mal startete der Winterfavorit später auch im Deutschen Derby und gewann dabei achtmal. In den letzten 40 Jahren gelang dies dreimal: 1983/84 Lagunas, 1992/93 Lando und 1995/96 Lavirco. Ganz knapp vorenthalten blieb das Doppel einem der größten Rennpferde aller Zeiten: Lombard. Der Schlenderhaner wurde zwar Winterfavorit 1969, mußte den Derbysieg aber unglücklich und knapp seinem Stallgefährten Alpenkönig überlassen.
Zu den ganz Großen, die den Preis des Winterfavoriten gewannen, gehörte 1984 der leider früh einer Infektion erlegene Supermeiler Lirung. Der Fuchs, ein Pferd, das die Massen begeisterte, schien sogar im Derby Dank seiner herausragenden Klasse den Sieg erringen zu können, mußte aber auf den letzten 200 Metern passen, beendete das Rennen als Dritter. Bis heute glauben viele altgediente Rennbahnbesucher, dieser Hengst sei der beste Galopper gewesen, den sie auf einer deutschen Rennbahn gesehen haben.
Einige, denen das Doppel gelang, gehörten zu den ganz Großen der Turfgeschichte, so besonders Lando, der 1995 das damals höchstdotierte Rennen der Erde, den Japan Cup, gewann und damals zum gewinnreichsten deutschen Sportpferd aller Zeiten avancierte. Sehr viele andere "Winterfavoriten" wurden später zu herausragenden Pferden über die Meilendistanz oder über Mitteldistanzen.
Der Winterfavorit von 1985, Gestüt Bonas "Oldtimer", wurde einige Jahre nach dem Sieg im großen Zweijährigenrennen sogar zum "Hindernispferd des Jahres" gewählt.
Kurios:
In der Siegerliste findet sich auch der Name des überragenden diesjährigen Derbysiegers Adlerflug. Dabei war der Schlenderhaner Supercrack zweijährig gar nicht am Start. Der "Adlerflug", der 1941 zum Winterfavoriten gekrönt wurde, war ein namensgleicher Hengst aus dem damaligen Hauptgestüt Graditz.
Enorm verbessert haben sich mit den Jahren die gelaufenen Zeiten im Preis des Winterfavoriten. Die Rekordzeiten und eine Aufstellung der erfolgreichsten Akteure im Preis des Winterfavoriten finden Sie in einem gesonderten Papier.