GRD-Standpunkte zum besseren Schutz von Nord- und Ostsee:
1. Naturschutz muss gleichberechtigt neben Nutzungsinteressen der Wirtschaft stehen
Die deutschen Meere und ihre Bewohner benötigen dringend ernstgemeinte und ganzheitlich abgestimmte Schutzmaßnahmen. Obwohl über 40 Prozent der Meeresflächen offiziell einen Schutzstatus haben, befinden sich unsere Meere in keinem guten Zustand. Die Ozeane sind an ihrer Belastungsgrenze angekommen. Eine nachhaltige Verbesserung des Status quo wird nur mit weniger Nutzung einhergehen. Im ersten Schritt muss dazu die maritime Raumplanung so gestaltet werden, dass der Naturschutz wirklich gleichberechtigt neben Nutzungsinteressen der Wirtschaft steht.
Beispielsweise sollten die für die Energiewende notwendigen Windkraftanlagen an den Stellen konzentriert werden, wo sie möglichst wenige sensible Arten gefährden und trotzdem ihren Beitrag für Deutschlands Energiewende leisten können. Dazu sind Untersuchungen erforderlich, welche die Auswirkungen der Offshore-Energieerzeugung ganzheitlich bewerten. Zusätzlich sind alle zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten zur Lärmreduzierungauszuschöpfen.
2. Meeresschutzgebiete müssen effektiven Schutz bieten
Darüber hinaus müssen Meeresschutzgebiete ihrem Namen endlich gerecht werden um ihre volle Wirksamkeit in Bezug auf die Biodiversität zu entfalten. Sogenannte „Paperparks“, bei denen die Ausweisung neuer Schutzgebietsflächen Vorrang vor der Gewährleistung einer wirksamen Schutzfunktion hat, müssen durch ein effektives Management beseitigt werden.
Industrielle Fischerei, Windkraft und hochfrequentierte Schifffahrtsrouten dürfen in Schutzgebieten nicht erlaubt sein. Es passt nicht zusammen, wenn sich die Natur nicht einmal in Meeresschutzgebieten mit dem Status „UNESCO Weltkulturerbe“ erholen kann. Selbst dort besteht nur unzureichender Schutz, da in weiten Teilen die für die Ökosysteme so schädliche grundberührende Fischerei durchgeführt wird. Auch Schnellfahrkorridore für den Schiffsverkehr, Stellnetze und Ausnahmeregelungen (Fischerei) für bestimmte EU-Fischer müssen in Meeresschutzgebieten dringend der Vergangenheit angehören. Weitergehend werden innerhalb der Schutzgebiete Zonen benötigt, in denen jegliche Nutzung durch den Menschen untersagt ist. Diese sogenannten Nullnutzungszonen sollten in Deutschland und innerhalb der EU mindestens 50 Prozent der Meeresschutzgebiete ausmachen, um eine Erholung der Artenvielfalt zu ermöglichen. Aktuell liegt der Anteil der Nullnutzungszonen innerhalb der EU bei maximal einem Prozent. Damit ist man selbst von dem bis zum Jahre 2030 anvisierten EU-Ziel, zehn Prozent der Meeresgebiete unter strengen Schutz zu stellen, noch weit entfernt.
3. Die Politik muss ihren Auftrag erfüllen
Dies gilt zum einen für die Bundesregierung und ihre im Koalitionsvertrag festgeschriebene Nationale Meeresstrategie, auf die der Meeresbeauftragte Sebastian Unger im Interview mit der GRD verwiesen hat. Zum anderen sind auch die Landesregierungen gefragt, die Missstände in den von ihnen verantworteten Meeresschutzgebieten im Bereich des Küstenmeeres zu beseitigen.
Es gibt keine Alternative zu ernstgemeintem Natur- und Meeresschutz
Zielsetzung einer erfolgreichen Umweltpolitik muss es sein, der Gesellschaft zukünftig die Vorteile gesunder Ökosysteme deutlicher zu vermitteln. Ohne sie werden effektiver Klimaschutz und die Abmilderung des Klimawandels nicht gelingen. Sie liefern nicht nur lebensnotwendige Ressourcen wie beispielsweise saubere Luft, Nahrung und Trinkwasser, sondern stellen auch einen gewaltigen Wirtschaftsfaktor dar. Mehr als die Hälfe des weltweiten Bruttosozialproduktes ist laut dem Weltwirtschaftsforum direkt oder indirekt abhängig von der Natur und ihrer „Leistungsfähigkeit“. Im Klartext: Am Natur- und Meeresschutz führt kein Weg vorbei!