Bislang wurden Großsprengkörper durch Sprengungen an der Fundstelle beseitigt. In Heidkate wird seit wenigen Jahren zum Schutz von Meeressäugetieren im Natura-2000-Schutzgebiet ein Blasenschleier eingesetzt, der die Schockwelle der Explosionen mindert. „Durch den Blasenschleier kann im Umkreis mehrerer Kilometer die Schwere von Verletzungen zwar gemindert werden. Der Schutz der Tiere ist aber keineswegs sichergestellt. Angesichts der großen Anzahl identifizierter Minen, Torpedos und Wasserbomben wäre eine Sprengung auch mit Blasenschleier unverantwortlich“, erklärt NABU Meeresschutzexperte Kim Cornelius Detloff.
Nach Meinung von NABU, GRD und GSM muss der aktuelle Fund zum Anlass genommen werden, heute zur Verfügung stehende moderne Bergungstechnologien zu testen und weiterzuentwickeln. Diese hatten die Umweltverbände bereits 2007 in Kiel und 2010 in Neumünster auf zwei von ihnen organisierten Fachkonferenzen vorgestellt.
„Durch die Untersuchungen der Marine ist die genaue Lage der Munition bereits erfasst. Wissenschaftler und Ingenieure könnten jetzt gezielt robotergesteuerte Technologien wie Wasserstrahl-Schneidtechnik, Harvester, Vereisungsmethoden, UV-Reaktoren und mobile Detonationskammern an die Verhältnisse vor Ort und den Zustand der Munition anpassen“, betont Hans-Jürgen Schütte von der GSM. Entscheidend dabei sei, dass nach den Erkenntnissen der WSD Nord die aus Arsenalbeständen stammende Weltkriegsmunition nicht bezündert ist und so nur ein geringes Risiko spontaner Explosionen besteht.
Der aktuelle Munitionsfund ist nach Ansicht der Verbände keine große Überraschung. So weist der Bericht einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Munition im Meer“ für das Gebiet Heidkate die Nachkriegs-Versenkung von bis zu 8.000 Torpedoköpfen, Wasserbomben und bis zu 10.000 Seeminen aus. Nur ein Teil davon wurde geborgen und durch die Bundesmarine anlässlich der Segelolympiade 1972 gesprengt.
Die Verbände fordern die Bundesregierung und die Fachbehörden auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Mensch und Natur vor den Gefahren von Munitionsaltlasten zu schützen. Erst in diesem Juli kam ein sechsjähriger Junge aus Baden-Württemberg beim Strandurlaub mit der extrem giftigen Schießwolle aus Altmunition in Berührung. Doch derartige Unfälle werden immer noch verharmlost. Und auch beim Ausbau erneuerbarer Energien im Meer kommt es verstärkt zu Munitionsfunden.
In einer aktuellen Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken (Drucksache 17/10620) unterstützt die Bundesregierung zwar Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bewertungs- und Überwachungsmethoden zu entwickeln, drückt sich nach Meinung der Umweltverbände aber um konkrete Aussagen und ein strategisches Konzept.
Noch immer liegt keine Risikoanalyse für die deutschen Meeresgewässer vor. Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln. Nach eigener Aussage der Bundesregierung stehen die „technischen Möglichkeiten zur Beseitigung im Meer lagernder Kampfmittel weitestgehend zur Verfügung. Zukünftig wird es wesentlich darauf ankommen, dass rationelle, mit dem Umweltschutz gut zu vereinbarende und kostengünstige Verfahrensweisen entwickelt werden“. Aktuell liegt der Bundesregierung ein Projektvorschlag zur maritimen Munitionsbergung und Entsorgung vor, dessen Bewertung aber noch nicht abgeschlossen sei.
NABU, GRD und GSM fordern, den erneuten Munitionsfund zum Anlass zu nehmen, beantragte Projekte schnellstmöglich auf den Weg zu bringen und die Munitionsbergung vor Heidkate zu einem Pilotprojekt für alternative, umweltschonende Bergungsverfahren und den zukünftigen Umgang mit den gefährlichen Relikten der Weltkriege zu machen.