Geisternetze werden jene verloren gegangenen Fischernetze genannt, die noch Jahrzehnte durch die Meere treiben oder sich an Wracks auf dem Meeresgrund verfangen. Zwei von schätzungsweise 1200 solcher Wracks liegen alleine vor Rügen, darunter der Holzfrachter „Fliegender Holländer“ und der im Zweiten Weltkrieg gesunkene Zerstörer „Z 28“ – in rund 25 Metern und zehn Metern Tiefe. Sie waren am 13. und 14. August Einsatzgebiet für eine von der GRD und Wolfgang Frank, Inhaber der ehemaligen Tauchbasis Prora, organisierten Geisternetzbergung, bei der insgesamt 1,5 Tonnen an einstigen Fischernetzen aus der Ostsee gezogen werden konnten.
Insgesamt elf erfahrene Sporttaucher aus der gesamten Bundesrepublik beteiligten sich an den Tauchgängen, um ihren Anteil am Erhalt der marinen Artenvielfalt zu leisten. Nach der Lokalisierung der Wracks durchtrennten sie die bis zu 50 Jahre alten Schleppnetze mit Messern und bereiteten die jetzt kleineren Netzteile für den Transport an die Wasseroberfläche via Liftbags vor. Diese Arbeit der Taucher bei nur acht Grad Wassertemperatur in 25 Metern Tiefe ist keineswegs ungefährlich und erfordert eine gute Kondition. Über Wasser wurde die Bergungsaktion von einer zweiköpfigen Crew des Fischkutters „Bergen“ unterstützt. Auch ein Ostsee-Fischer schloss sich der Aktion an und steuerte das Boot der Taucher sicher durch die Ostsee.
Tessa Mittelstaedt: „Wer jetzt nicht den Schuss gehört hat, der verspielt unser aller Zukunft.“
Sichtbares Zeichen dafür, wie todbringend Geisternetze für viele Fische, Schweinswale und andere in der Ostsee lebende Tiere sein können, war ein ausgewachsener Dorsch, der sich in einem der Netze verfangen hatte und qualvoll ertrunken ist. Eben diese Bedrohung des Lebensraums für unzählige Meeresbewohner zu mindern war Intention für die Schauspieler Tessa Mittelstaedt und Matthias Komm, an der jüngsten Geisternetzbergung aktiv teilzunehmen. „Unser Beitrag zum Meeresschutz mag mit Blick auf die unzähligen Tonnen an Netzen in den Ozeanen gering wirken – gerade deshalb ist es uns ein Anliegen, ein sichtbares Zeichen zu setzen“, erklärte das unter anderem durch die Fernseh-Krimis „Tatort“ und „Schimanski“ bekannte Schauspieler-Paar bereits vor dem ersten Tauchgang. Nach der Geisternetzbergung sagte Tessa Mittelstaedt gegenüber den Medien: „Wer jetzt nicht den Schuss gehört hat, der verspielt unser aller Zukunft.“
Geleitet wurde die großangelegte Bergungsaktion von der Diplom-Biologin Verena Platt-Till, die im Namen der Gesellschaft zur Rettung der Delphine ein positives Fazit ziehen konnte: „Wir freuen uns sehr über die erfolgreiche Bilanz von 1,5 Tonnen geborgener Geisternetze in zwei Tauch-Tagen. Damit hat die GRD, gemeinsam mit Wolfgang Frank und vielen ehrenamtlichen Tauchern bereits knapp sieben Tonnen aus der Ostsee geborgen. Der Einsatz der beiden Delfinbotschafter, insbesondere der unermüdliche und selbstlose Einsatz der ehrenamtlichen Taucher und eines regionalen Fischers, die weder Kosten noch Mühen scheuten, um an dieser Aktion teilzunehmen, waren dabei bemerkenswert! Wir möchten allen Beteiligten von ganzem Herzen danken, die sich für einen besseren Schutz der Ostsee bemühen.“
Die GRD fordert die Politik zum Handeln auf: „Die Zeit drängt!“
Die geborgenen Geisternetze werden jetzt teilweise einem Upcycling-Prozess unterzogen: Gut erhaltene Netzteile werden dabei nach gründlicher Reinigung vom Team des Münchner Unternehmens colorswell handmade design zu verschiedensten Accessoires aus dem Alltag umfunktioniert und anschließend zum Kauf angeboten.
Das gesamte Geisternetz-Material soll aber auch als sichtbares Zeichen an die Politik verstanden werden: „Das Land Mecklenburg-Vorpommern unterstützt den WWF bei seinen Netz-Bergungen mit 200.000 Euro finanziell. Es ist ein guter Anfang, aber dennoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es kann nicht die Lösung sein, dass ehrenamtliche Taucher die tödlichen Fallen auf Ihre eigenen Kosten bergen“, erklärt Verena Platt-Till. Es sei zwar Aufgabe einer gemeinnützigen Organisation wie der GRD, auf das Problem der Geisternetze und ihren unmittelbaren Folgen für die Ökosysteme und uns Menschen hinzuweisen und sichtbar zu machen. „Eine langfristige Lösung für diese Problematik zu finden, liegt allerdings in der Verantwortung der Politik, die konsequent handeln muss und das bald. Die Zeit drängt“, so Verena Platt-Till.
Finanziell unterstützt wurde die Bergungsaktion vor Rügen von der Deutschen Postcode Lotterie, der Reiseagentur Ostsee24.de und der Kieler Werbeagentur Medienmonster. Für das wichtige Engagement bedankt sich die GRD ausdrücklich!