Für den deutschen Mittelstand bedeuten externe Kapitalgeber Chancen und Risiken zugleich. Letzere verwirklichen sich aktuell bei dem von dem Finanzinvestor Permira übernommenen Modekonzern Hugo Boss. Denn hier setzt der Finanzinvestor in diesen Tagen neben einer stattlichen Erhöhung der Dividende eine Sonderausschüt-tung von zusätzlichen 350 Mio. Euro durch. Doch wer nun wieder Private-Equity-Gesellschaften mit Heuschre-cken vergleicht, zeichnet ein undifferenziertes Bild von institutionellen Finanzinvestoren, denn Private Equity für sich genommen ist weder "gut" noch "schlecht".
"Sicherlich gibt es Private-Equity-Gesellschaften, deren Geschäftspraktiken an das Verhalten von Heuschrecken erinnern", stellt Rechtsanwalt Björn Katzorke von Wirtschaftskanzlei Gündel & Katzorke aus Göttingen fest. Bei einer Übernahme durch Firmenkäufer droht bisweilen ein "Ausbluten auf Raten". Es folgen meist Umstrukturie-rungen mit dem Ziel einer kurzfristigen Wertsteigerung und Sonderausschüttungen wie aktuell bei Hugo Boss zu beobachten. "Bei einer solchen Transaktion landet das Kapital der Finanzinvestoren ausschließlich oder über-wiegend bei den Gesellschaftern. Dem Unternehmen selbst fließt bei solchen Transaktionen oftmals überhaupt keine frische Liquidität zu", so der Wirtschaftsanwalt, der Private-Equity-Gesellschaften und mittelständische Unternehmen berät. Wird Private Equity allerdings zu Finanzierungszwecken eingesetzt, und nicht nur zur Akquisition des Unternehmens, ermöglicht es den Unternehmen langfristige Zukunftsinvestitionen zur Sicherung der Wettbewerbsposition und zur Expansion in neue Märkte.
"Private Equity ist weder auf eine bestimmte Finanzierungsform, noch auf einen speziellen Kapitalgeber be-schränkt", erklärt der Co-Autor eines im Bank-Verlag erschienen Fachbuches über das Thema. "Es bezeichnet ganz allgemein die Bereitstellung außerbörslichen Eigenkapitals für Unternehmen durch außerhalb des bisherigen Gesellschafterkreises stehende Dritte." Hierzu gehören sowohl liquide Mittel aus Kapitalerhöhungen wie auch die Finanzierung durch eigenkapitalersetzende Finanzinstrumente wie Genussrechte und stille Beteiligun-gen (Mezzanine-Kapital), bei denen es nicht zu einer Verwässerung von Gesellschaftsanteilen kommt.
"Private Equity muss nicht aus dem Tierreich stammen", führt Katzorke schmunzelnd aus. "Als institutionelle Kapitelgeber kommen vor allem die förderorientierten Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen) in Betracht". Sie verlangen eine risikoadäquate Rendite von maximal 12 % und die Rückzahlung des Kapitals zum Nominalwert. Sie engagieren sich aber durchschnittlich mit nur rund 370.000,- Euro und stellen selten Beträge über 1 Mio. Euro bereit. Immer mehr mittelständische Unternehmen nutzen deshalb die Möglichkeit, über private Investoren an privates Eigenkapital zu gelangen. Mit einer Eigenemission außerhalb der Börsen werden sie zum Anbieter eines eigenen "Anlageprodukts" und verschaffen sich so selbst den Zugang zum Kapitalmarkt. Die ein-zigen Voraussetzungen hierfür: Eigeninitiative, eine geschickte Marketingstrategie und ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genehmigter Verkaufsprospekt zur Aufklärung der Anleger. Auf diese Weise hat z.B. der Bochumer Fleisch- und Wurstwarenhersteller ZIMBO vor zwei Jahren von privaten Anlegern innerhalb nur weniger Wochen 15 Mio. € eingesammelt. Der Stuttgarter Ernst Klett Verlag hat über eine Direktplatzierung innerhalb nur weniger Tage € 25 Mio. frisches Kapital aufnehmen können. Beispiele für erfolgreiche Eigenemissionen sind des Hamburger Musikunternehmens Edel Music, der Schokoladenhersteller Halloren Süßwaren und sogar die Fußballvereine 1. FC Köln und Hertha BSC Berlin.
Selbst für ganz kleine Betriebe kann es sich lohnen, private Kapitalgeber anzusprechen. "Kleine Mezzanine-Angebote bis zu einem Emissionsvolumen von 100.000,- € können unkompliziert auch ohne Verkaufsprospekt umgesetzt werden", erklärt Katzorke. Kapitalgeber sind in der Regel unternehmensnahe Kreise wie Mitarbeiter, Lieferanten und auch Kunden.
"Bei einer Eigenemission greifen unsere Mandanten zumeist auf Mezzanine-Finanzierungsinstrumente wie Ge-nussrechte zurück", stellt der Wirtschaftsanwalt fest. Das Mezzanine-Kapital wird bei dem Unternehmen als Ei-genkapital bilanziert und erhöht dessen Bonität. Gleichzeitig bleiben die Eigentumsverhältnisse im Unternehmen unberührt und es bestehen keine Einflussmöglichkeiten der Anleger. Der Privatanleger partizipiert mit einer risi-koadäquaten Rendite von 7 bis 15 %.
Solches Mezzanine-Kapital von Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften und privaten Anlegern ist privates Eigenkapital zum gegenseitigen Nutzen des Mittelstands und der Investoren.