"Europa hat begriffen, dass seine wirtschaftliche Zukunft vom Erfolg seiner kleinen und mittleren Unternehmen abhängt. Sie können einen entscheidenden Beitrag für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung leisten, wenn die Politik für die richtigen Rahmenbedingungen sorgt", sagte Verheugen. Der Vizepräsident der EU-Kommission nannte in diesem Zusammenhang als Beispiele die Abschaffung unnötiger bürokratischer Belastungen, verbesserten Zugang zu Investitionskapital, ein günstigeres steuerliches Umfeld, verstärkte Anstrengungen bei Forschung und Entwicklung sowie die Beseitigung von Zugangssperren zum europäischen Binnenmarkt und zu internationalen Märkten. Er kündigte für nächstes Frühjahr eine groß angelegte Europäische Initiative zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen an.Mit Nachdruck verlangte Verheugen mehr gesellschaftliche Unterstützung für unternehmerische Initiative. Er sagte: "Die unternehmerische Verantwortung und Risikobereitschaft mittelständischer Unternehmer muss gesellschaftlich stärker anerkannt werden. Wer bereit ist, ein Unternehmen zu gründen und zu führen und damit Arbeitsplätze zu schaffen, handelt in höchster Weise sozialverantwortlich." In diesem Zusammenhang lobte er besonders das Deutsche Handwerk und seine vorbildliche Ausbildungsleistung.
Kentzler hatte bereits in seiner Begrüßung betont, wie wichtig es sei, den Austausch von betrieblicher Praxis und europäischer Politik zu fördern: "Damit Europa-Politik eben nicht die da in Brüssel ist, die fernab vom unternehmerischen Alltag Gesetze beschließt, sondern eine Politik, die es sich ganz konkret zum Ziel setzt, gerade kleinen und mittleren Betrieben die Wege in einen gemeinsamen Binnenmarkt zu ebnen", so der Handwerkspräsident. Dafür habe Verheugen bereits schöne Zeichen gesetzt mit seiner Initiative, Kommissions-Bedienstete für Betriebspraktika zu gewinnen – auch Verheugen selbst habe mit Blaumann und Metallfräse ein Praktikum in einem Handwerksbetrieb absolviert. "Derart engagiert und dual qualifiziert, ist mir persönlich der Titel Industrie-Kommissar für Sie nicht genug. Wir sollten bei nächster Gelegenheit bei der Kommission beantragen, Sie zum Mittelstands-Kommissar umzubenennen", sagte Kentzler.Mit Blick auf die Europa-Politik erinnerte er an den gemeinsamen Einsatz für die Dienstleistungsrichtlinie: "Die Streichung des Herkunftslandsprinzips, die einem Qualitäts- und Sozialdumping Tür und Tor geöffnet hätte, haben wir gemeinsam verhindert", so der Handwerkspräsident.
Auch für seine Unterstützung bei der angemessenen Einordnung der Meisterqualifikation in der Europäischen Skala der Berufsabschlüsse und seinen Einsatz für Bürokratieabbau dankte Kentzler Verheugen. Darüber hinaus sprach der Handwerkspräsident die Hoffnung aus, dass die portugiesische EU-Präsidentschaft das Thema "reduzierter Mehrwertsteuersatz" weiter verfolge: "Eine Freigabe des reduzierten Mehrwertsteuersatzes in ganz Europa könnte den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, sich dieser Frage zu öffnen. Für unsere konsumnahen Handwerke ist das ein ganz dringendes Anliegen."
Anschließend griff er innenpolitische Themen auf, die das Handwerk derzeit bewegen, denn: "Je mehr sich die Grenzen des europäischen Binnenmarkts öffnen, je stärker die internationale Konkurrenz wird, umso größer wird auch der Reformdruck in Deutschland." Mit der Unternehmenssteuerreform habe man bereits "eine große Kuh vom Eis". Einen beachtlichen Erfolg könne das Handwerk auch bei der Reform der Erbschaftssteuer verzeichnen. Viel zu tun gebe es aber noch in den Punkten Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Reform der Lohn- und Einkommenssteuer, Senkung der Lohnzusatzkosten, einheitliche Bildungsstandards und Förderung der Binnennachfrage: "Denn die Konjunktur im Handwerk ist derzeit gespalten; der Aufschwung hat noch nicht auf den Binnenmarkt durchgeschlagen." Deshalb sei es dringend erforderlich, die erfolgreichen Maßnahmen des Wachstumspakets wie den Steuerbonus auf haushaltsnahe Dienstleistungen oder das Programm zur energetischen Gebäudesanierung auszuweiten. Der Handwerkspräsident abschließend: "Für mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen setzen wir auf den Schulterschluss aller Mittelstandspolitiker in Deutschland und Europa. Und vor allem auf unseren Mittelstands-Kommissar."