Das Münchner und oberbayerische Handwerk verzeichnete im 4. Quartal 2007 gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Umsatzrückgang von nominal 4,5 Prozent auf ca. 8,5 Mrd. Euro. Im 4. Quartal 2006 hatten die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung und der hohe Auftragsbestand im Eigenheimsektor für einen regelrechten Boom gesorgt. Für das Gesamtjahr 2007 steht im Kammerbezirk damit nur noch ein dünnes Umsatzplus von nominal 0,4 Prozent auf knapp 30 Mrd. Euro. Preisbereinigt muss über das ganze Jahr sogar ein Minus von über drei Prozent vermeldet werden. Trotzdem herrscht im Münchner und oberbayerischen Handwerk immer noch bemerkenswerte Zuversicht: 75 Prozent der Betriebe beurteilten ihre Geschäftslage Ende Dezember 2007 mit "gut" oder "befriedigend". Der Rückgang gegenüber dem 4. Quartal 2006 liegt damit bei sechs Prozentpunkten. Für die kommenden Monate erwarten 70 Prozent der Betriebsinhaberinnen und -inhaber gute bzw. zufriedenstellende Geschäfte (minus fünf Prozentpunkte).
Das Auftragspolster der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk schmolz im 4. Quartal 2007 auf 5,3 Wochen (-0,4 Wochen gegenüber Dezember 2006). Die Auslastungsquote sank um zwei Prozentpunkte auf 75 Prozent. Positiv stellte sich die Entwicklung bei den Investitionen im 4. Quartal 2007 dar: 30 Prozent (plus zwei Prozentpunkte) der Betriebe investierten 230 Millionen Euro in ihre Unternehmen. Das sind 7,5 Prozent mehr als im Vorjahresvergleich. Auch für das Gesamtjahr ist die Bilanz erfreulich: Mit 824 Millionen Euro lagen die Investitionen um 6,5 Prozent über dem Vorjahreswert. Bei der Beschäftigung schloss das Münchner und oberbayerische Handwerk das Jahr 2007 ebenfalls mit einem Plus. Auch wenn die Zahl der Beschäftigten im 4. Quartal 2007 gegenüber dem Vorjahr leicht um 0,3 Prozent auf rund 293.000 sank, ist die Jahresbilanz dennoch positiv: ein Jahresdurchschnitt von 288.500 bedeutet ein Plus von 1,1 Prozent.
Die Zahl der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk legte im vergangenen Jahr erneut kräftig zu. Zum Jahresende 2007 wurden über 69.600 Betriebe verzeichnet, 3,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Vor allem die Zahl der zulassungsfreien Berufe (B1), bei denen die Meistervoraussetzung zum 1.1.2004 abgeschafft wurde, wuchs 2007 um 14,6 Prozent auf über 14.500. Für 2008 erwartet das Handwerk in München und Oberbayern einen erneuten Anstieg der Betriebszahlen um 1,5 Prozent. Bei den Beschäftigtenzahlen wird mit einer stabilen Entwicklung gerechnet, zusätzliche Jobs sind aber vorerst nicht in Sicht. Die Umsätze dürften sich im Jahresverlauf auf nominal drei Prozent Plus erholen. Abzüglich der Preissteigerung bedeutet dies allerdings kaum mehr als eine schwarze Null.
Im Rahmen der Pressekonferenz stellte Traublinger eine "Reformagenda 2008" vor, mit der die schwächelnde Binnenkonjunktur auf Touren gebracht werden soll: "An erster Stelle steht für uns die immer größer werdende Kluft zwischen Brutto- und Nettoverdienst. Bei den Bruttolöhnen zählen wir zur Weltspitze, aber netto ist es noch ein weiter Weg dorthin! Ich wundere mich daher sehr über die Versuche einzelner Politiker, höhere Tarifabschlüsse herbeireden zu wollen." Stattdessen sollte lieber an den Stellschrauben gedreht werden, die die Steuer- und Abgabenlast betreffen, so der Kammerpräsident weiter. Traublinger forderte eine rasche Einkommensteuerreform mit höherem Grundfreibetrag, niedrigerem Eingangsteuersatz und höheren Einkommensgrenzen. Der Kammerpräsident: "1958 wurde noch das 20-fache des Durchschnittseinkommens benötigt, um die Spitzenbelastung bei der Einkommensteuer zu erreichen. 50 Jahre später ist dies bereits mit dem 1,7-fachen des Durchschnittseinkommens der Fall."
Weiterhin regte Traublinger eine Absenkung der Lohnzusatzkosten an. Nachdem der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung erfolgreich gesenkt wurde, müssen weitere Reformen des Sozialversicherungssystems folgen, um Wachstum und Beschäftigung anzuregen", betonte der Kammerpräsident. In die falsche Richtung führe dagegen die anstehende Reform der Pflegeversicherung, so Traublinger weiter, wo Leistungsausweitungen die Beiträge ab Mitte des Jahres um 0,25 Prozentpunkte verteuern. Zur Gesundheitsreform sagte Traublinger: "Der vieldiskutierte Gesundheitsfonds muss endlich dorthin, wo er hingehört: In die politische Mottenkiste!" Auf kommunaler Ebene sei dagegen mehr öffentliche und private Bautätigkeit erforderlich, um wieder mehr Aufträge ins Handwerk zu bringen, erklärte der Kammerpräsident. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte kürzlich angekündigt, in diesem Jahr über eine Milliarde Euro in öffentliche Bauprojekte im Freistaat zu investieren.