Präsident Klaus Hofmann informierte über die aktuellen Zahlen des Handwerks der Region. Demzufolge sind mit Stand zum 7. Juli 2022 insgesamt 13.755 Handwerksbetriebe im Kammergebiet registriert. „Das sind 464 Betriebe mehr als noch vor einem Jahr, was bedeutet: Trotz aller Widrigkeiten, die immer noch aufgrund der Pandemie nachwirken, trotz Materialengpässen, Preissteigerungen und trotz des Kriegs in der Ukraine mit all seinen negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft insgesamt kann eine Steigerung verzeichnet werden“, so Klaus Hofmann. Der Umsatz im regionalen Handwerk betrug 2021 mehr als 6,73 Milliarden Euro, ein leichtes Plus gegenüber den 6,6 Milliarden Euro vom Vorjahr.
In seinem Bericht schlug der Präsident den Bogen von der Zeit vor Corona bis zu den aktuellen Zukunftsperspektiven und forderte die Handwerkskollegen auf, mit einer positiven Grundeinstellung nach vorne zu blicken. Noch vor Corona habe man gute Zeiten mit sonnigen Aussichten gehabt, dann zogen mit Corona und allen Unwägbarkeiten, Diskussionen über Kurzarbeitergeld, Einschränkungen und Liquiditätsproblemen in manchen Betrieben erste Wolken auf. Dennoch sei die Mehrheit der Handwerksunternehmen gut durch die erste Phase der Pandemie gekommen und konnte durchweg arbeiten.
Mit Beginn des Ukrainekrieges habe sich die Wolkendecke auch im Handwerk weiter verdichtet. Materialengpässe, sprunghafte Preissteigerungen, Konsequenzen für die Energieversorgung und steigende Zinsen seien deutlich zu spüren. „Corona ist nicht zu Ende und das nächste Problem kam obendrauf“, so Klaus Hofmann. „Aufgrund der steigenden Zinsen klagen Städte und Gemeinden, dass Grundstücksbesitzer nicht mehr bauen wollen. Und wenn es weniger Häuser gibt, zieht das seine Kreise in eine ganze Reihe von Gewerken.“ Mittlerweile herrsche ein Gefühl vor, dass nun ein schweres Gewitter aufziehe. Auch die Politik spreche in deutlichen Worten davon, dass der Wirtschaft harte Zeiten bevorstünden. Doch das, so der Präsident, dürfe nicht die unternehmerische Zuversicht und das Handeln beeinträchtigen. „Unser Handwerk besteht schon lange und wir haben viele Krisen gemeistert“, sagte Klaus Hofmann. „Jede Krise birgt auch Chancen, wir müssen uns schütteln, unsere Hausaufgaben machen und wir müssen die Nischen finden, die sich bieten.“
Auch die schon aus Vor-Corona-Zeiten bekannten Aufgaben wie Digitalisierung, Fachkräftebindung und Nachwuchsgewinnung seien weiter entschieden voranzubringen. „Wir müssen schauen, dass wir Fachkräfte ins Handwerk bekommen. Dazu brauchen wir neben einer Klimawende auch eine Bildungswende“, so der Präsident. Es gehe hierbei auch um das Ansehen des Handwerks und seinen Stand in der Gesellschaft. Darüber hinaus regte Klaus Hofmann an, gemeinsame Kräfte zu bündeln, um anstehende Aufgaben mit vereinter Stärke anzupacken. „Wir müssen uns krisenfest machen – als Handwerksbetriebe, als Handwerkskammer, als Gremienmitglieder“, so seine Aussage. „Und zwar indem wir in einem großen Netzwerk gemeinsam mit der Politik arbeiten und unsere Kräfte in verschiedenen Gremien zusammenbringen.“
Ministerialrätin Martina Oschmann, die der Sitzung als Vertreterin des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg beiwohnte, lobte die Leistung des Handwerks. Im zweiten Quartal 2022 habe das baden-württembergische Handwerk erneut höhere Umsätze als im Vergleichszeitraum des Vorjahres verbucht. 2021 sei für das Handwerk in Baden-Württemberg trotz der Pandemie sogar ein Rekordjahr gewesen mit einem Umsatz von 110 Milliarden Euro und einem Plus von 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Bereich Metallbau und Feinmechanik lag das Umsatzplus sogar bei nahezu zehn Prozent. „Das zeigt, dass das Handwerk selbst in Krisenzeiten ein Stabilitätsfaktor ist“, sagte Martina Oschmann.
Auch im Bereich der Ausbildung sei das Handwerk ein wichtiger Pfeiler und für rund 47.000 Auszubildende ein Zukunftsmotor. „Es kann gar nicht hoch genug geschätzt werden, was Handwerksbetriebe in den letzten zwei Jahren unter widrigsten Umständen geleistet haben“, sagte die Ministerialrätin. Dennoch sind zu Beginn des aktuellen Ausbildungsjahres noch 3.575 Stellen im Land unbesetzt. Die Online-Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald wies zum 15. Juli noch 254 offene Lehrstellen in der Region auf. Die Ministerialrätin verwies darauf, dass das Wirtschaftsministerium Maßnahmen zur Unterstützung von Ausbildung bereits in verschiedenen Bereichen fördere wie unter anderem durch die Unterstützung von Ausbildungsbotschaftern, die Elternkampagne „Ja zur Ausbildung“ oder die YouTube-Aktion „gutausgebildet.de“, bei der das Handwerk mit 24 Clips gut vertreten sei.
In weiteren Tagesordnungspunkten genehmigten die Delegierten der Vollversammlung nach ausführlichen Erläuterungen den Jahresabschluss 2021. Zudem wurden Beschlüsse zu Rücklagen der Handwerkammer gefasst, ehe die Vollversammlung der Geschäftsleitung und dem Vorstand geschlossen ihre Entlastung für die Wirtschaftsführung erteilte.
In seinem Bericht griff der Vizepräsident der Gesellenseite, Martin Sättele, das Thema Tarifbindung auf und regte an, dass öffentliche Aufträge an Bedingungen für faire Bezahlung geknüpft werden sollen. Die öffentliche Hand als Auftraggeber, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und Bußgeldbehörden hätten es in der Hand, das Handwerk vor Schwarzarbeit und einem unfairen Wettbewerb durch Sozial- und Lohndumping zu schützen. „Sie setzen so auch ein öffentliches Zeichen für hohe Qualitätsstandards, gute Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse und einen fairen Leistungswettbewerb“, sagte Martin Sättele.