Der Strukturbericht, der zum sechsten Mal vom Verband Region Stuttgart, der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart, der IG Metall Region Stuttgart und der Handwerkskammer Region Stuttgart herausgegeben wird, stellt fest, dass bis 2006 Beschäftigung abgebaut wurde. Von einer Trendwende zum Positiven könne aber erst für 2007 ausgegangen werden. Nach wie vor gilt die Region im Bundesvergleich als eine der innovationsstärksten und dynamischsten. Forschungs- und wissensintensive Wirtschaftszweige nehmen zu, ebenso die Branchen, die hochwertige Dienstleistungen anbieten. Der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern wird daher immer größer. Dagegen vollzieht sich ein Beschäftigungsabbau vor allem bei geringer Qualifizierten.
Zugenommen hat die Zahl der neu eingetragenen Handwerksbetriebe. Allein im Jahr 2006 wurden 500 Betriebe im Handwerk mehr registriert als im Jahr zuvor. Ende 2006 waren 29.500 gemeldet. Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart, wies vor der Presse darauf hin, dass es sich bei 70 Prozent der Neugründungen im Handwerk zunächst um EinPersonen-Unternehmen handelt. Sobald Fachkräfte gesucht werden, mache dann aber der Mangel an qualifizierten Bewerbern den Neugründern massiv zu schaffen. Generell werden pro Betriebsgründung im ersten Jahr durchschnittlich 2,2 sozialversiche-rungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen.
Handwerker gut vorbereitet
Bei den gründungsrelevanten Erfahrungen und Vorkenntnissen unterscheiden sich die jungen Gründer aus dem Handwerk deutlich von denen aus anderen Branchen. Ein Drittel verfügt bereits über Gründungs- und Selbstständigkeitserfahrung, beispielsweise weil sie nebenberuflich selbstständig waren. Zwei Drittel haben Führungserfahrung, mehr als 95 Prozent Branchenerfahrung.
Die Praxisnähe der Aus- und Weiterbildung im Handwerk sowie die gezielte Vorbereitung auf die Selbstständigkeit spielt bei Betriebsgründungen die größte Rolle. Munkwitz: "Die Ausbildung zum Meister ist ein stabiles Fundament. Die Tatsache, dass mehr als Dreiviertel der befragten Gründer im Handwerk einen Meisterbrief hatte, zeigt das anschaulich."
Probleme bereitet allerdings die Belastung durch Bürokratie. Als weitere hohe Hürden wurden die Themen Steuern und Steuererklärung, die Vorausberechung und Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sowie zahlreiche komplizierte technische Vorschriften genannt. Um den Gründern im Handwerk den Weg in die Selbstständigkeit zu ebnen, so Kammerchef Claus Munkwitz, habe die Handwerkskammer mit einem Starter-Center einen äußerst hilfreichen Service im Angebot. Seit fast einem Jahr erhalten Gründer nicht nur schnelle und effektive Beratung aus einer Hand; auch die Gründungsformalitäten werden in diesem "one-stop-shop" erledigt. Die Gründer ersparen sich so viele Wege.
Generell wird das sehr breite Informations- und Unterstützungsangebot in der Region Stuttgart von den Gründern positiv wahr- und auch angenommen. Munkwitz: "Wir geben Orientierung und Hilfestellung - klären aber auch deutlich über die Risiken der Selbstständigkeit auf."
Nachfolge frühzeitig planen
"Einen Sonderaspekt stellt im Handwerk die bedeutende Rolle der Unternehmensübernahmen neben den echten Neugründungen dar", erklärte Claus Munkwitz. 50 Prozent der befragten Existenzgründer im Handwerk gründeten in Form einer Betriebsübernahme. "Der Generationswechsel ist im Handwerk in vollem Gang. Das ist die Chance für die nachrückende Generation. Mit neuen Unternehmenskonzepten und Produkten aus dem Altbetrieb heraus versuchen sich die Jungunternehmer neu zu positionieren."
Wegen der Bedeutung der Betriebsübernahmen im Handwerk bietet die Kammer bei anstehenden Fällen das Mitwirken eines Moderators an. Dieses vom Land Baden-Württemberg unterstützte "Modell zur Sicherung der Unternehmensnachfolge" stellt eine sehr individuelle und deshalb wirksame Unterstützung in einer kritischen Phase der Unternehmensentwicklung dar. Das Projekt versucht die älteren Unternehmer für eine anstehende Betriebsübergabe zu sensibilisieren. Sie sollen dann mit potentiellen Übernehmern zusammengeführt werden. "Dieses Konzept geht auf" so Munkwitz. "Aufgrund der guten Erfahrungen fordern wir das Land auf, dieses Projekt verlässlich fortzuführen."