Einschneidende Veränderungen im Handwerksrecht, die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008, die Bildungspolitik, aber auch ein Appell, die Interessen der "Wirtschaftsmacht von nebenan" nach außen hin einheitlich zu vertreten - das waren die zentralen Punkte seines Rückblicks.
Die Novellierung der Handwerksordnung
2004 sei das Jahr gewesen, das den umfassendsten Einschnitt für das Handwerk mit sich gebracht habe. Möhrle: "Mit der Novellierung der Handwerksordnung veränderte sich das Umfeld für das Handwerk spürbar - und zwar hin zum Negativen: Für 53 Gewerke wurde die Meisterpflicht gestrichen."
Zwar hätten die gelockerten Zulassungsvoraussetzungen für Existenzgründungen im Handwerk dazu geführt, dass die Betriebszahlen vor allem in den zulassungsfreien Gewerben im Kammerbezirk deutlich angestiegen seien. Allerdings - und das sei das Fatale an dieser Entwicklung - sei diese Gründungsdynamik alles andere als stabil: Den Neugründungen stünden in der Regel ebenso viele Löschungen gegenüber.
Vor allen Dingen sei eines der zentralen Ziele der Novelle nicht erreicht worden: "Neue Arbeitsplätze wurden nicht geschaffen. Auch auf die Ausbildungszahlen hat sich die Steigerung der Betriebszahlen nicht ausgewirkt. Viele dieser Gründer beuten sich hingegen als Soloselbständige selbst aus, der Umsatz auf die Stunde gerechnet beträgt oft nur die Hälfte des kommenden gesetzlichen Mindestlohnes", kritisierte Möhrle den Reformansatz der rot-grünen Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. Mit Dumpingangeboten werde zudem der Markt verzerrt, und die tarifgebundenen alteingesessenen Meisterbetriebe hätten extreme Bieternachteile.
Die Bildungspolitik
Der nächste Paukenschlag sei dann das Ergebnis der ersten PISA-Studie gewesen, in der vor allem den Hauptschulabsolventen in Deutschland eine verheerende Kompetenzschwäche in fast allen elementaren Fächern attestiert wurde. Bereits vor über zehn Jahren habe der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) daher Überlegungen zu einer "neuen Bildungsstruktur" angestellt - mit dem seinerzeit revolutionär anmutenden Vorschlag, dass eine neue Schulstruktur mit einem zweigliedrigen System umgesetzt werden müsse.
Denn wenn der Staat es nicht fertigbrächte, eine ausreichende Zahl an ausbildungsreifen jungen Menschen auf ihren beruflichen Werdegang auch im Handwerk vorzubereiten, dann müsse das Handwerk eben selbst auf die drängenden Fragen die aus seiner Sicht richtigen Vorschläge formulieren. Die demografische Entwicklung mit all ihren Folgen für die Fachkräfteentwicklung lauere schließlich schon im Hintergrund.
Die Finanzkrise
Eine weitere große Herausforderung habe sich dann in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 gezeigt: Die größte Wirtschaftskrise der vergangenen Jahrzehnte erschütterte die Welt - allerdings sei das Handwerk im Wesentlichen mit einem blauen Auge davon gekommen.
Dramatisch sei jedoch, so Möhrle, dass die soziale Marktwirtschaft durch die Finanzkrise einen Riss bekommen habe. Die Menschen verstünden nicht, dass sich einige Wenige an den Finanzmärkten bereichert hätten, während die kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Arbeitnehmer die Folgen ausbaden müssten.
Interessenvertretung
Schließlich wies Möhrle eindringlich darauf hin, dass das Handwerk entschieden mit einer Stimme sprechen müsse. Wenn es wirklich die "Wirtschaftsmacht von nebenan" sein wolle - wie der Slogan der großen, bundesweiten Imagekampagne des deutschen Handwerks laute -, dann müsse es seine Interessen auch losgelöst von egoistischen Einzelinteressen in der Öffentlichkeit vertreten.
Möhrle: "Zu oft hat es sich gezeigt, wohin es führt, wenn wir im Handwerk nicht einig sind, wenn sich Verbände untereinander streiten, oder wenn Innungen und Kreishandwerkerschaften die gute Arbeit der Handwerkskammer schlecht reden - die Politik nutzt das gnadenlos aus."