Die Faszination an Materialien wie zum Beispiel Holz oder Lebensmittel, ein allgemeines Interesse an Technik oder die kreativen Möglichkeiten – das sind die Hauptgründe für Abiturienten, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Handwerkskammer Reutlingen unter den 606 Abiturienten, die aktuell im Handwerk der Region ausgebildet werden. Rund 22 Prozent (134 Personen) – darunter 34 Prozent junge Frauen und 66 Prozent junge Männer – hatten sich an der Umfrage beteiligt.
Der Wunsch nach praktischen, handfesten Tätigkeiten bildet auch die Entscheidungsgrundlage für diejenigen Jugendlichen, die ein Duales Studium begonnen haben oder die sich für eine handwerkliche Ausbildung als Vorbereitung auf ein Studium entschieden haben. Der handwerkliche Aspekt ist daher auch bei ihnen die Grundlage für Studienfachentscheidungen wie „Bauingenieur Plus“ oder – geplant für den Anschluss an die Ausbildung – Maschinenbau, Zahnmedizin, Architektur bzw. Innenarchitektur.
„Das Ergebnis zeigt die Durchlässigkeit der dualen Ausbildung und macht deutlich, dass eine Ausbildung im Handwerk gerade für Abiturienten zahlreiche Möglichkeiten offenhält“, meint Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen. „Das sind die potenziellen Führungskräfte und Betriebsinhaber der Zukunft“, so Herrmann weiter.
Immer wieder wird von den Jugendlichen auch das Zusammenspiel von Theorie und Praxis genannt; aber auch ein handwerklicher familiärer Hintergrund – bis hin zu einer möglichen Betriebsübernahme – kann Grund für eine Ausbildung im Handwerk sein. Weitere Gründe sind der direkte Kontakt mit Kunden oder dass zum Beispiel am Ende des Tages ein fertiges Produkt zu sehen ist. Positiv erwähnt wird auch die Vielfalt und der Abwechslungsreichtum handwerklichen Arbeitens.
Hohe Rate an Studienabbrechern
Rund 26 Prozent der befragten Jugendlichen hatten bereits ein Studium nach dem Abitur begonnen; drei Viertel von ihnen hatten es allerdings abgebrochen. Nur etwa jeder fünfte Studienanfänger hat sein Studium auch abgeschlossen und erst dann eine Ausbildung begonnen.
Zufrieden mit ihrer Ausbildung zeigten sich rund 90 Prozent der Abiturienten: „Das ist ein hervorragender Wert“, meint Harald Herrmann. Erfreulich auch deshalb, weil immer mehr junge Abiturienten den Weg ins Handwerk finden: 12,7 Prozent der Auszubildenden unter den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen hat inzwischen Abitur, 2009 lag der Wert noch bei 4,9 Prozent.
„Wenn es dennoch Probleme am Arbeitsplatz gibt, dann sollten sich die Jugendlichen direkt an die Ausbildungsberater der Kammer wenden“, so Herrmann. „Das Beratungsangebot ist bei Betrieben und Auszubildenden bestens bekannt.“
Auf die Frage, ob vor der Ausbildung bereits eine andere Tätigkeit ausgeübt wurde, antworteten 40 Prozent der Teilnehmer der Umfrage mit Ja, 60 Prozent mit Nein. Das Spektrum der Tätigkeiten reicht von einfachen Helfertätigkeiten und Lagerarbeiten bis hin zu sozialen Diensten (FSJ) oder einer kaufmännischen oder industriellen Ausbildung.