Rund 4500 Auszubildende pro Jahr absolvieren einen Teil ihrer Lehre in den Werkstätten der Bildungsakademie. Die überbetrieblichen Lehrgänge seien eine wichtige Ergänzung der Ausbildung in Betrieb und Berufsschule, erläuterte Herrmann. Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades sei es insbesondere kleineren Unternehmen nicht mehr möglich, alle Facetten eines Ausbildungsberufes praktisch zu vermitteln.
Durch die Angebote der Bildungsakademie könne die gesamte Bandbreite der Tätigkeiten abgedeckt und damit die Qualität der handwerklichen Ausbildung gesichert werden.
Das Handwerk bildet seine Fachkräfte traditionell selbst aus. Und tut sich schwer damit, qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen. "Für unsere Betriebe ist es schwieriger geworden, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen", so Herrmann. Eine der Ursachen liege in der gesellschaftlichen Bewertung von Bildungswegen. Die duale Ausbildung sei für Eltern und Jugendliche immer häufiger nur zweite Wahl. "Viele Eltern wollen ihre Kinder unbedingt durch das Gymnasium drücken", beobachtet Herrmann. Der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung habe diese Entwicklung verschärft.
Nach Einschätzung von Rosemann handele es sich um kein neues Phänomen. Wichtig sei es, das starre dreigliedrige Schulsystem weiterzuentwickeln. Die Gemeinschaftsschule biete gute Ansätze, unterschiedlichen Begabungen gerecht zu werden. "Das ist eine Chance für die duale Ausbildung und das Handwerk." Kliche-Behnke will wegkommen von der Wertung, das Abitur sei mehr wert als eine Lehre. "Wir müssen deutlich machen, dass es sich um zwei Wege handelt, die gleichwertig sind."
Der Einstieg in die duale Ausbildung sei kein Ausstieg aus der Bildung, verdeutlichte Herrmann. Das Handwerk biete attraktive Berufe mit Zukunft und kurze Wege in die Selbstständigkeit. Wer die Sonne nutzen wolle, um sein Haus zu heizen, benötige qualifizierte Anlagentechniker. Nicht anders sei es bei den Themen Smart Home, dem vernetzten Haus, der Energie- und Umwelttechnik oder der Elektromobilität. "Was Ingenieure entwickeln, muss betrieben, gewartet und repariert werden. Und das machen Handwerker", fasste Herrmann zusammen. Weiterbildungsmöglichkeiten gebe es genug. Vom Betriebswirt über den Techniker und den Meisterbrief bis hin zum Studium sei für motivierte Gesellinnen und Gesellen alles möglich.
Ob Gesellin, Techniker oder Meisterin - irgendwann stehen die meisten Fachkräfte vor dem Problem, wie sie Beruf und Familie unter einen Hut bekommen. Kliche-Behnke, berufstätige Mutter von zwei Kindern, setzt auf den Ausbau von Betreuungseinrichtungen, um eine "optimale Versorgung zu gewährleisten". Rosemann arbeitet in einer Projektgruppe des Bundestages mit, die sich mit neuen Arbeitsmodellen in verschiedenen Lebensphasen beschäftigt.
Die Flexibilisierung sei ein wichtiges Instrument, um qualifizierte Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, unterstrich Hauptgeschäftsführer Dr. Eisert. Doch die Umsetzung stoße im Alltag eines Kleinbetriebs schnell an strukturelle Grenzen. "In Unternehmen mit vier oder fünf Beschäftigten ist es schwierig, den Wunsch nach mehr Flexibilität und die betrieblichen Erfordernisse in Einklang zu bringen."