Nele Alvermann mag es, wenn es in der Ausbildung abwechslungsreich zugeht. Vor allem komplexe Damenhaarschnitte und Arbeiten mit Farbe, bei denen sie ihre handwerklichen Fertigkeiten kreativ einsetzen kann, haben es der jungen Frau angetan. „Im Friseurberuf steckt einfach viel drin“, sagt Alvermann, die erste Eindrücke bei ihrer Tante, einer ausgebildeten Friseurin, sammeln konnte. Bis zur Mittleren Reife folgten mehrere Praktika, darunter auch in ihrem heutigen Ausbildungsbetrieb.
„Nele bringt eine große Begabung mit“, lobt Ausbilderin Vicky Zafiroudi. Allerdings habe sie einige Zeit gebraucht, um in der Ausbildung anzukommen und das vorhandene Talent tatsächlich zu nutzen. Der Beginn der Lehre sei schwierig gewesen, die Noten an der Berufsschule mitunter schlecht. Es fehlte an der Motivation und nicht zuletzt am Selbstbewusstsein. Zafiroudi setzte auf Zuspruch, Förderung und Erfolgserlebnisse, die sich nach und nach tatsächlich einstellten. „Sie hat sowohl von ihren Leistungen her, als auch persönlich eine tolle Entwicklung genommen“, freut sich Zafiroudi.
Alvermann, die im Sommer ihren Abschluss machen wird, konzentriert sich nun voll und ganz auf ihre Ausbildung. Bei den Modellabenden im Betrieb feilt sie an ihrer Technik und hat bereits erfolgreich an Wettbewerben des Landesverbandes teilgenommen. Im Salon bedient sie mittlerweile selbständig Kunden, übernimmt Beratung und Schnitt bei Damen, Herren und Kindern. „Zufriedene Kunden sind die größte Auszeichnung“, sagt Alvermann, die sich einen „richtig guten Abschluss“ vorgenommen hat. Da lässt sich verschmerzen, dass für das Ausdauertraining im Fitnessstudio in den nächsten Wochen nur noch wenig Zeit übrig bleibt.
Christos Paralikidis und sein Team haben sich dem modernen und hochwertigen Handwerk verschrieben. Um den individuellen Anforderungen und Modetrends gerecht zu werden, braucht es Knowhow und Erfahrung. Regelmäßige Schulungen zu Schneidetechniken, Farben und Pflegemitteln sind daher ebenso selbstverständlich wie die Teilnahme an Wettbewerben. Einen besonderen Stellenwert nimmt die Ausbildung ein. Seit der Gründung im Jahr 1992 wurden 41 junge Frauen und Männer im Betrieb ausgebildet, darunter immer wieder auch Flüchtlinge. Die Ausbildung sei eine Investition in die Zukunft, betont Zafiroudi, Obermeisterin der Tübinger Friseurinnung. „Qualität kann nur über gute Ausbildung hergestellt werden. Deshalb kümmern wir uns intensiv um unsere künftigen Fachkräfte.“
Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, und Hauptgeschäftsführer Dr. Joachim Eisert wiesen bei der Übergabe der Ehrenurkunde und einem Geldpräsent an Nele Alvermann, die aufgrund der Corona-bedingten Schließung der Friseurbetriebe in den Mai verschoben werden musste, darauf hin, dass der Betrieb immer ein gehöriges Stück zu guten Ausbildungsleistungen mit beitrage.
Mit der Auszeichnung zum „Lehrling des Monats“, so Herrmann weiter, solle aber auch der Vorbildcharakter von jungen Erwachsenen hervorgehoben werden. „Schön wäre es, wenn auf diesem Weg ein Ansporn für andere geschaffen werden könnte, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen.“