Besonders leicht fällt die Zustimmung zum Reformprojekt Gemeinschaftsschule, in der Haupt- und Realschulen aufgehen sollen, greift die grün-rote Koalition darin doch alte Forderungen des baden-württembergischen Handwerks auf. "Die geplante Gemeinschaftsschule läuft im Prinzip darauf hinaus, was wir schon vor nahezu zehn Jahren gefordert haben: längeres gemeinsames Lernen und eine stärke individuelle Förderung der Schüler." Beide Aspekte seien gleichwertig zu behandeln, unterstrich Möhrle. Ohne ausreichende individuelle Förderung drohe ein niedriges Ausbildungsniveau der Schulabgänger als im bisherigen dreigliedrigen Schulsystem.
Kooperationen vor Ort stärken
Über die Einführung der Gemeinschaftsschule soll nach den Plänen der Landesregierung vor Ort entschieden werden. Möhrle sieht darin eine Chance für das Handwerk, im Wettbewerb um talentierte Nachwuchskräfte Boden gut zu machen. "Wir hoffen, dass viel stärker als bisher lokale und regionale Kooperationen gefunden und Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Betrieben ausgebaut werden können."
Ganz ohne kritische Anmerkungen zur Schulpolitik ging es dann doch nicht. Schließlich gibt die Landesregierung mit der neuen Werkrealschule ein Angebot auf, dass zur Stärkung der beruflichen Orientierung beitragen sollte. Ein "wenig enttäuscht" sei man schon darüber, sagte Möhrle. Vor allem in der Kooperation mit den Berufsfachschulen hätte diese Schulform "eine mehrjährige Chance" verdient. An der Diskussion um die künftige Ausgestaltung der beruflichen Orientierung an Schulen, kündigte Möhrle an, werde sich das Handwerk aktiv beteiligen.
Sichere Versorgung, bezahlbare Strompreise
Eitel Sonnenschein herrscht dagegen auf dem Feld der Energiepolitik. "Die Übereinstimmungen mit der neuen Landesregierung sind groß", hob Möhrle hervor. Zwar habe das Handwerk "die doppelte Rückwärtsrolle" der Bundesregierung in Sachen Atomausstieg mitgetragen, doch man habe seine Argumente beibehalten können. "Die Wende kann nur gelingen, wenn Versorgungssicherheit bei gleichzeitiger Bezahlbarkeit gewährleistet ist", unterstrich Möhrle. Daher müsse der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie viel stärker als bisher dafür genutzt werden, den Ausbau der innovativen und dezentralen Versorgung mit regenerativen Energien voranzutreiben.
Der Ausstieg führt nicht nur zu Veränderungen auf dem Energiemarkt. Der größte Energieversorger im Land sucht neue Einnahmequellen. Eine Entwicklung, die im Handwerk aufmerksam verfolgt wird. "Wir müssen aufpassen, dass ein im Grunde "staatseigener" Energiekonzern nicht immer mehr in die angestammten Märkte des Handwerks vordringt", sagte Möhrle.
Die geplante Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms der KfW auf 1,5 Milliarden Euro im Zeitraum 2012 bis 2014 bezeichnete Möhrle als "richtigen Schritt". Allerdings müsse das Programm auf 2 Milliarden Euro ausgebaut und verstetigt werden, um mehr Anreize für Hauseigentümer zu schaffen. Nachdem die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung Anfang Juli im Bundesrat gescheitert war, gab Möhrle seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Bundesländer ihre Blockadehaltung noch aufgeben und sich ihrer Verantwortung für das Gelingen der Energiewende auch durch steuerliche Impulse bewusst werden.
Neuer Dialog
Eine andere Forderung des Handwerks hingegen wurde bereits umgesetzt. Die neue Landesregierung hat den SPD-Landtagsabgeordneten Peter Hofelich zum Mittelstandsbeauftragten ernannt. Damit verfügten kleine Unternehmen nach der Auflösung des Landesgewerbeamts im Jahr 2004 endlich wieder über eine Anlaufstelle bei der Landesregierung, sagte Möhrle. Dialogorientierte Wirtschaftspolitik nennt dies die neue Landesregierung. Eine Veränderung, die im Handwerk sehr wohl registriert wird. Möhrle: "Mir scheint, dass das Handwerk bei der neuen Regierung ein viel ausgeprägteres Wohlwollen genießt, als es noch in früheren Zeiten der Fall war."