Im Januar machten sich 16 Teilnehmer aus verschiedenen Gewerken auf den Weg. Mit dabei waren unter anderem Maler und Lackierer, Zimmerer, Maurer, Anlagenmechaniker, Elektroniker, Anlagenmechaniker, Stuckateure, Steinmetz und Maurer. Wer gehofft hatte, den unwirtlichen Wintertagen entkommen zu können, wurde womöglich ein wenig enttäuscht. „Recht kalt“ sei es gewesen, erinnert sich Schmidt, was aber vermutlich weniger an den Temperaturen in der Toskana, als an der landestypischen Dämmung der Herberge gelegen habe.
Sprache und Kultur
Die ersten vier Wochen waren für einen Kurs an der Sprachschule des Interkulturellen Zentrums in Volterra reserviert. Neben Vokabeln lernen und Konversation standen auch einige Ausflüge auf dem Programm, um gemeinsam oder auf eigene Faust die Region zu erkunden. Auch das Handwerk kam nicht zu kurz: für die meisten Teilnehmer dürfte die Arbeit mit Alabaster und Marmor eine neue Erfahrung gewesen sein.
Im Anschluss ging es in verschiedene Gastbetriebe, um gemeinsam an der Sanierung des „Alten Krankenhauses“ und des etruskischen Museums zu arbeiten. Sina Schmidt baute Fenster und Türen in der Falegnameria De Amicis Massimo, einem kleinen Schreinerbetrieb, in dem mit Großvater, Sohn und Enkel drei Generationen tätig sind. Das größte Stück, das in dieser Zeit entstand, war die aus vier Flügeln und Oberlichtern bestehende neue repräsentative Eingangstüre für das Museum.
Mit Gelassenheit geht’s besser
Manches sei anders gewesen als in ihrem Ausbildungsbetrieb, berichtet Schmidt, zum Beispiel die traditionelle Fertigung, die Verbindung von Einzelteilen ausschließlich mit Schlitz und Zapfen, die Verarbeitung des in Deutschland weniger verbreiteten Werkstoffes Kastanienholz oder der höhere Anteil an Handarbeit. Und noch ein Unterschied ist ihr aufgefallen: Genauigkeit muss nicht das Maß aller Dinge sein. Auf den Millimeter kam es in der Schreinerei nur selten an. „Gepasst hat es trotzdem immer“, betont Schmidt lächelnd.
Sie hat die ruhige und gelassene Arbeitsatmosphäre in ihrem Gastbetrieb und den herzlichen Umgang miteinander genossen. Der gemeinsame Kaffee in der Bar war fester Bestandteil des Arbeitstages. Worin besteht der kulturelle Unterschied? „Italiener setzten vielleicht andere Prioritäten als wir. Familie und Genuss haben einen höheren Stellenwert“, fasst Schmidt ihre Eindrücke zusammen.
Ihr Fazit der drei Monate in Volterra fällt rundum positiv aus. Die Vorbereitung, die Organisation und die Betreuung vor Ort seien gut gewesen. Auch das gemeinschaftliche Leben in der Herberge mit seinen Pflichten und Aufgaben habe im Großen und Ganzen funktioniert.
Offen sein für Neues
Sie habe einiges mitnehmen können. Fachlich als Schreinerin, aber auch persönlich. Zwei Voraussetzungen sollten Interessierte allerdings erfüllen, meint Schmidt: „Man muss die Sprache lernen und bereit sein, sich auf ein anderes Land einzulassen.“
Die nächste Etappe führt Schmidt erst einmal an den Bodensee. Am Stadttheater Konstanz beginnt sie im September eine Ausbildung zur Bühnenmalerin. „Ich würde gerne beide Bereiche miteinander verbinden, am liebsten in selbständiger Form“, skizziert sie ihre Pläne. Gut möglich, dass sie irgendwann mal wieder ins Ausland aufbricht. „Es gibt so viele Länder in Europa, die mich interessieren.“
Zum Volterra-Projekt
Über 300 Gesellinnen und Gesellen haben bisher beim 1999 aufgelegten Volterra-Projekt der Handwerkskammer Region Stuttgart mitgemacht und drei Monate in der Toskana gelebt und gearbeitet. Auch wenn die meisten Tätigkeiten in den Bereichen Bau, Ausbau und Restauration liegen, können junge Handwerker aller Gewerke teilnehmen. Die Kosten für Sprachkurs, interkulturelle Vorbereitung sowie Versicherungen werden aus Mitteln des EU-Programms „Erasmus+“ finanziert. Die Vorbereitungen für 2018 laufen. Interessierte erfahren mehr bei einer Informationsveranstaltung am 19. September um 18.30 Uhr in Stuttgart oder unter www.hwk-stuttgart.de/volterra.