„Die Handwerkskonjunktur erweist sich als ausgesprochen robust, auch wenn die Spitzenwerte der Vorjahre nicht mehr erreicht werden“, sagt Dr. Joachim Eisert, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Reutlingen. Allerdings seien über die einzelnen Branchen zwei gegenläufige Trends zu beobachten. „Während der private Konsum und eine starke Baukonjunktur für eine stabile Nachfrage und hohe Auslastung in den meisten Betrieben sorgen, macht sich in den industrienahen Bereichen bereits die gesamtwirtschaftliche Abschwächung bemerkbar.“ Um die Binnennachfrage zu stärken, spricht Eisert sich für Entlastungen von Betrieben und Bürgern aus. „Die im Klimapaket der Bundesregierung vorgesehene steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung muss schnell umgesetzt werden.“
Zwei Drittel der Betriebe in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb bewerteten ihre wirtschaftliche Lage im dritten Quartal als „gut“. Vor zwölf Monaten waren es 76 Prozent. Der Anteil derer, die sich unzufrieden äußerten, liegt nahezu unverändert bei rund fünf Prozent. Ebenfalls stabil geblieben ist der Auftragsbestand der Betriebe. Rund neun Wochen sind es im Durchschnitt aller Gewerke. Allerdings sind im Sommer weniger Neueingänge als im Vorjahr hinzugekommen. Jeder vierte Betrieb konnte mehr Bestellungen und Abschlüsse verzeichnen (Vorjahr: 31 Prozent). Einen Rückgang meldeten 22 Prozent der Befragten (Vorjahr: 18 Prozent).
Die Betriebsauslastung ist nach wie vor hoch. Knapp ein Drittel der Betriebe ist vollständig ausgelastet. Weitere 19 Prozent gingen zuletzt über die 100-Prozent-Marke hinaus. Deutlich darüber liegen die Bau- und Ausbauhandwerke, bei denen jeweils zwei Drittel der Betriebe ihre Kapazitäten voll ausschöpfen können. Die Erwartungen für das vierte Quartal fallen etwas gedämpfter aus. Jeder sechste Betrieb äußerte sich pessimistisch, doppelt so viele als vor zwölf Monaten. 85 Prozent gehen zumindest von einer stabilen Entwicklung aus. Jeder vierte Befragte sieht noch Luft nach oben.
Branchen im Überblick
Am zufriedensten waren das Bauhauptgewerbe und die Ausbaubetriebe, von denen 87 bzw. 76 Prozent die Geschäftslage als gut bezeichneten. Die Maurer, Zimmerer und Dachdecker profitieren von der starken Nachfrage nach Wohnungen. Der Anteil des Wohnungsbaus am Gesamtumsatz der Branche hat sich innerhalb eines Jahres von 15,6 Prozent auf 37,5 Prozent mehr als verdoppelt. Ebenfalls über dem Kammerdurchschnitt liegen die Nahrungsmittelhandwerker.
Einen Stimmungsabfall verzeichnet das Kfz-Gewerbe. Nur noch 52 Prozent der Autohäuser und Werkstätten bewerten die Geschäftslage im Sommer als „gut“ (Vorjahr: 60 Prozent). Deutlich skeptischer als im Vergleichsquartal äußerten sich die Gesundheitshandwerker. Zufrieden waren 44 Prozent, zwölf Monate zuvor lag dieser Anteil noch bei 77 Prozent. Auch die gewerblichen Zulieferer beurteilen die derzeitige wirtschaftliche Lage schlechter. Nachdem im vergangenen Jahr noch drei Viertel der Betriebe zufrieden waren, ist es aktuell nur noch jeder Zweite.
Die 13.500 Handwerksbetriebe in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb erwirtschaften einen Umsatz von 9,7 Milliarden Euro, beschäftigen über 78.000 Mitarbeiter und bilden rund 4.900 junge Menschen aus.
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