Der Hintergrund ist offenkundig: In der Region Hannover steigt die Zahl übergewichtiger Kinder. "An 68 der 187 Grundschulen besteht bereits zum Zeitpunkt der Einschulungsuntersuchung eine Gewichtsverteilung, die im Normalfall der einer 4. Klasse entspricht", sagt Schulärztin Dr. Renate Bischoff-Wildgrube. Innerhalb der Grundschulzeit verändert sich zudem die Gewichtsverteilung. Zwischen der ersten und der vierten Klasse steigt der Anteil der übergewichtigen und fettleibigen Kinder noch einmal um 50 Prozent. Die Zahlen sind besonders alarmierend, da Übergewicht maßgeblich an der Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Erwachsenenalter beteiligt ist. Dicke Kinder haben ein erhöhtes Risiko, auch als Erwachsene übergewichtig zu bleiben. Zudem können unausgewogene Ernährung sowie Bewegungsmangel die Lern- und Konzentrationsfähigkeiten der Kinder beeinträchtigen.
Hier setzt das Projekt des Teams Sozialpädiatrie und Jugendmedizin der Region Hannover an: Es geht sowohl um die Verbesserung des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens als auch die Stärkung der Persönlichkeit, den Aufbau und die Festigung von Selbststeuerungsfähigkeiten. Sowohl im Unterricht als auch bei der Gestaltung des Pausenhofs soll darauf geachtet werden, dass Bewegung gefördert wird. Ein weiterer Baustein ist der "Geh-Bus", das heißt die Kinder legen den Schulweg in Gruppen zu Fuß zurück. Darüber hinaus gibt es einen kinderfreundlich illustrierten Bewegungspass. Ein gemeinsames Frühstück und Spiele mit der Ernährungspyramide gehören ebenso zum Konzept. "Die Kinder sollen lernen, dass Bewegung und gesunde Ernährung Spaß machen", erläutert Projektleiterin Dr. Cornelia Ehrhardt.
"Insgesamt geht es darum, bei den Grundschülern und Grundschülerinnen ein Gesundheitsbewusstsein und ein Verständnis für die Bedeutung von Gesundheit zu bilden", erläutert Fachbereichsleiterin Alisa Bach. Gesundheit und entsprechendes Verhalten werden damit zum Bildungsziel.
13 Grundschulen sind bislang seit dem offiziellen Projektstart am 01.01.2007 dabei. In Zusammenarbeit mit der Region Hannover werden Themen wie "Ernährung", "Bewegung" und "Selbststeuerung" angesprochen. Ernährungswissenschaftlerinnen, eine Sportwissenschaftlerin, Übungsleiter/innen, Gesundheitsberaterinnen und eine Psychologin unterstützen das Projekt und entlasten die Lehrer/innen bei der praktischen Umsetzung. Eine wichtige Rolle kommt darüber hinaus den Schulärztinnen des Teams Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu. Sie haben den Part intensiver Elternarbeit in den Schulen übernommen. Das Ethno-Medizinische-Zentrum unterstützt und betreut Kinder und Eltern mit Migrationshintergrund als eine besondere Zielgruppe.
In jedem Jahr können bis zu 20 Grundschulen neu aufgenommen werden. Das Projekt läuft bis 2009. Die Schulen werden ein Jahr lang intensiv betreut und anschließend das Programm selbstständig weiter verfolgen und umsetzen. Innerhalb der dreijährigen Förderdauer sollen circa 4.000 Schüler/innen der Klassenstufen 1 bis 4 betreut werden.
Hauptsponsor der Projektarbeit ist die Sparkasse Hannover. Als weitere Kooperationspartner stehen u.a. die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die Verbraucherzentrale Niedersachsen, die Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen, die AOK Hannover, der Regionssportbund und der Stadtsportbund Hannover, der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover, die Klimaschutzagentur der Region Hannover und die Schulämter zur Verfügung. Zudem bestehen Kooperationen mit dem Institut für Sportwissenschaft der Leibnitz Universität Hannover.
Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel. Sie untersucht die Effekte der Maßnahmen und erhebt Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren im Kontext der regionalen Bedingungen (Baseline-Erhebung). Diese Baseline- Erhebung wird derzeit an 8 Grundschulen (491 Kinder) und 3 Kontrollschulen (195 Kinder) durchgeführt. Die Grundschule Tegelweg ist eine der Interventionsschulen, an der am 28.09. die Baseline-Erhebung auf dem Programm steht. Jedes Jahr soll eine Folgeerhebung stattfinden, so dass am Ende der Laufzeit von drei Jahren erweiterte Erkenntnisse darüber vorliegen, welche Präventionskonzepte sich in der Praxis in welcher Weise bewährt haben.
Für das nächste Projektjahr 2008 können sich weitere Grundschulen für die Aufnahme in das Projekt bei der Region Hannover bewerben. Bis zum 18.10.2007 sollten sich interessierte Schulen bei der Region Hannover, Team Sozialpädriatie und Jugendmedizin, Prinzenstraße 12, 30159 Hannover, bewerben. Bevorzugt werden Schulen, an denen auf der Grundlage der Schuleingangsuntersuchung eine vergleichsweise hohe Anzahl übergewichtiger und adipöser Kinder unterrichtet wird. "Wir wünschen uns, dass viele Grundschulen an diesem Projekt teilnehmen", sagt Erwin Jordan, Sozialdezernent der Region Hannover. "Schließlich tragen Kinder das, was sie gelernt haben, nach Hause und geben dort den Eltern neue Denkanstöße."