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Postmarkt: Ohne Regulierung droht Verdrängungswettbewerb

Analyse in den neuen WSI-Mitteilungen

(lifePR) (Düsseldorf, )
Auf dem Markt für Briefzustellungen droht ab 2008 ein Verdrängungswettbewerb zulasten der Beschäftigten - so, wie er auf den bereits liberalisierten Sektoren des Postmarktes zu beobachten ist. Das prognostizieren Torsten Brandt und Dr. Thorsten Schulten vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung und Kathrin Drews. "Schon heute basiert das Wettbewerbsmodell der meisten neuen Postunternehmen auf der Ausnutzung von prekären Beschäftigungsverhältnissen und der Zahlung von Niedrig- und Armutslöhnen", konstatieren die Wissenschaftler in einem Beitrag für die neue Ausgabe der WSI-Mitteilungen. Eine Verschärfung der Situation lasse sich nur verhindern, wenn die vollständige Liberalisierung des Briefmarktes durch eine wirkungsvolle Regulierung bei Löhnen und Arbeitsbedingungen flankiert werde.

Laut Bundesnetzagentur gibt es neben der Deutschen Post derzeit circa 750 aktive neue Postdienste. Die neuen Anbieter hatten 2005 rund 46.000 Beschäftigte - bislang ohne Tarifvertrag und in mindestens 96 Prozent der Fälle ohne Betriebsrat. Die Arbeitsbedingungen unterscheiden sich erheblich von denen der Deutschen Post: Bei den Neuen arbeiteten 2005 nur 18 Prozent der Mitarbeiter in Vollzeit, 60 Prozent waren Minijobber. Die Deutsche Post beschäftigte im gleichen Jahr hingegen knapp zwei Drittel ihres Personals in der Briefsparte mit voller Stundenzahl und hatte lediglich eine Minijobber-Quote von 4 Prozent. Nach einer Untersuchung der Beratungsfirma Input Consulting liegen die durchschnittlichen Lohnkosten der beiden größten Post-Konkurrenten PIN Group und TNT je nach Beschäftigtengruppe um 30 bis 60 Prozent unter dem Niveau der früheren Staatspost. Bruttostundenlöhne von etwas über fünf Euro sind keine Seltenheit. Viele der neuen Briefträger sind zusätzlich auf Arbeitslosengeld II angewiesen.

Doch die bisherigen Liberalisierungsschritte haben auch bei der Deutschen Post Spuren hinterlassen, stellen die Forscher fest. So ging der Abbau von Arbeitsplätzen im lizenzpflichtigen Briefgeschäft zwar ohne betriebsbedingte Kündigungen vonstatten. Viele Beschäftigte mussten aber längere Arbeitszeiten, weniger arbeitsfreie Tage, Versetzungen, Teilzeitarbeit oder Änderungskündigungen hinnehmen. In neu gegründeten Tochtergesellschaften gelten teilweise niedrigere Tariflöhne. Neu Eingestellte erhalten weniger Lohn.

Um zu verhindern, dass der Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen nach dem endgültigen Wegfall des Briefmonopols weiter wächst, dürfe es keine weitere Liberalisierung ohne eine Re-Regulierung des Postsektors geben, so Brandt, Drews und Schulten. Dazu sehen die Forscher verschiedene Möglichkeiten:

- Abschluss eines Flächentarifvertrags, der für die gesamte Branche einheitliche Wettbewerbsbedingungen bei Lohn- und Arbeitskosten schafft. Die Politik könnte dies durch den Einsatz von Tariftreueklauseln fördern, sprich: Behördenpost nur von tarifgebundenen Unternehmen befördern lassen.
- Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns.
- Die Bundesnetzagentur könnte von der so genannten Sozialklausel im Postgesetz Gebrauch machen. Sie ermöglicht es, Wettbewerbern, die die üblichen Arbeitsbedingungen "nicht unerheblich unterschreiten", die Lizenz zu verweigern. Als Vorbild könnte die Schweizer Regulierungsbehörde dienen, die einen umfassenden Kriterienkatalog zur Bestimmung branchenüblicher Arbeitsbedingungen heranzieht.
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