Als Schirmherrin spricht die diesjährige Goldmedaillengewinnerin im Kanusprint bei den Paralympics in Tokio, Edina Müller, den Preisträgerinitiativen ihre Wertschätzung und ihren Dank aus. Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes und langjähriges Jury-Mitglied, hält die Laudationes. Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender der HanseMerkur, betont anlässlich der Vergabe des ältesten deutschen Sozialpreises für herausragende Kinder- und Jugendschutzarbeit: „Umfassender Kinder- und Jugendschutz ist derzeit so wichtig wie nie zuvor. Denn Corona macht junge Menschen und ihre Not oft unsichtbar. Die Pandemie hat die Situation von Kindern, die unter belastenden oder gefährlichen Lebensumständen aufwachsen, an vielen Stellen noch verschärft. Zugleich mussten Helfende oft sehr flexibel sein und neue Wege finden, um ihre wertvolle Arbeit trotz der Einschränkungen fortzusetzen. Umso entscheidender ist es, auf die Problemlagen, denen sie sich widmen, öffentlich aufmerksam zu machen. Unser Ziel ist es, den ausgezeichneten Initiativen Gehör zu verschaffen und ihren gesellschaftlichen Einsatz zu unterstützen. Daher hat die HanseMerkur sich entschieden, im Jubiläumsjahr ihr Engagement zu erweitern und lobt erstmalig insgesamt sechs Preise aus.“
In diesem Jahr ist der HanseMerkur Preis für Kinderschutz mit 80.000 Euro dotiert. Seit seinem Bestehen wurden Preisgelder in einer Gesamthöhe von 1,4 Millionen Euro ausgeschüttet und so 169 Projekte unterstützt. Die Auszeichnungen für 2020 gehen an sechs Initiativen aus Dresden, Freiburg, Hamburg, Remscheid und Solingen.
DIE HAUPTPREISTRÄGER 2020
Zwei Projekte erhalten einen der mit 20.000 Euro dotierten Hauptpreise:
1. Wenn Kinder zu Opfern von sexuellem Missbrauch und körperlicher Misshandlung werden, hat das weit über die akuten Verletzungen hinausreichende Folgen. Das Erlebte prägt ihr Aufwachsen, prägt sie für ihr ganzes Leben. Die Ärztliche Kinderschutzambulanz Bergisch Land e.V. auf dem Gelände der Sana-Klinik in Remscheid betreut pro Jahr etwa 400 betroffene junge Menschen. Therapeuten, Mediziner, Neurologen und Juristen engagieren sich im Projekt „Diagnostik und Therapie von Kindern und Jugendlichen, die Opfer von schwerer Gewalt, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch geworden sind“. Sie versorgenunterernährte und vernachlässigte Kinder, behandeln Brüche, Verbrennungen oder die Folgen von Strangulationen, sie sehen Anal- oder Genitalverletzungen – und die psychischen Folgen des Missbrauchs. Ziel ist es, durch verschiedene Verfahren von der Einzeldiagnostik über Interaktionsbeobachtung bis zu psychodiagnostischen Testungen zu erkennen, was den Kindern zugestoßen ist, wie belastet sie sind und wie ihnen auch unter Einbeziehung ihres familiären Umfeldes geholfen werden kann.
2. Medizinische Versorgung ist in Deutschland noch immer nicht für jeden gewährleistet: Die Zahl der Menschen, die keinen Krankenversicherungsschutz und keine Mittel haben, die Kosten einer Behandlung selbst zu tragen, wird auf etwa 1,5 Millionen geschätzt. Unter ihnen auch ungezählte Kinder, die als Geflüchtete nach Deutschland kamen oder durch eine familiäre Notlage aus dem System gefallen sind. Seit mehr als sieben Jahren finden Betroffene bei erfahrenen Medizinern verschiedener Fachrichtungen in der Praxis ohne Grenzen (PoG), einer Poliklinik in Hamburg, die einmal in der Woche ihre Türen öffnet, Hilfe. Im Rahmen der „Kindersprechstunde in der PoG“ behandeln sie dann auch durchschnittlich 15 Kinder, kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Das zivilgesellschaftliche Engagement der Teams der Praxis ohne Grenzen geht über die medizinische Behandlung hinaus: Ehrenamtliche unterstützen die Menschen, die in die Praxis kommen, bei akuten Problemlagen, Antragsstellungen und ähnlichem. Ein weiteres Ziel: eine politische Veränderung zu bewirken und einen automatischen Krankenversicherungsschutz für alle Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrer aktuellen Situation, zu erreichen.
ANERKENNUNGSPREISTRÄGER 2020
Die vier mit jeweils 10.000 Euro dotierten Anerkennungspreise gehen an folgende Projekte:
1. Seit 2007 bietet die Stiftung Kultur Palast jungen Menschen einen Ort, an dem sie das lernen können, was für sie mehr als reiner Tanz ist: Die „Hip Hop Academy Hamburg“ im Stadtteil Billstedt bietet Trainingsprogramme in den wichtigsten Disziplinen der Hip Hop Kultur – Breakdance, Graffiti, Rap, Gesang und Newstyle Dance. Im Training geht es immer auch um Respekt gegenüber anderen Menschen, Religionen und Hautfarben, um Toleranz und Zugehörigkeit: Werte zu vermitteln und soziale Kompetenzen zu fördern sind selbstverständliche Bestandteile des Curriculums. Die hier erlernte Disziplin prägt das Verhalten in Schule und Ausbildung, Erfolge stärken das Selbstbewusstsein.
2. Die Krebserkrankung eines Kindes ist ein tiefgreifender Eingriff in das Familienleben. Kapazitäten, sich auch um die Geschwisterkinder zu kümmern, fehlen den Eltern oft. Um die Situation zu entlasten, schuf der Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Freiburg i.Br. bereits vor 40 Jahren erste Wohnmöglichkeiten in der Nähe der Uniklinik und sorgt seither nicht nur dafür, dass erkrankte Kinder in hohem Maße durch ihre Eltern begleitet werden können, sondern hat auch die Bedürfnisse der Geschwisterkinder im Blick. In der „Geschwisterspielstube Regenbogen“ betreuen Sozial- und Kunsttherapeuten die Kinder, die durch die Sorge um ihre Familie oft massiv belastet sind. Mit intensiver, achtsamer, fürsorglicher und situationsbezogener Betreuung gelingt es, ihre seelischen Nöte zu erkennen und gezielt aufzuarbeiten.
3. Etwa 190.000 Kinder und Jugendliche leben bundesweit in Heimen oder Wohngruppen. Sie haben traumatisierende Erfahrungen gemacht, fehlende Sicherheit erlebt. Die Einrichtungen geben Halt und Struktur, können durch Personalwechsel und Schichtdienst jedoch Geborgenheit nur bedingt vermitteln. Mit der Volljährigkeit fällt dann auch dieses Zuhause weg. Ein soziales Netz, eine Familie, die den Schritt in die Selbständigkeit begleiten, gibt es selten – dabei würden die sogenannten Careleaver es besonders dringend benötigen. Der Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V. in Dresden füllt die Lücke: Das „House of Dreams. Careleaverzentrum und Careleaverarbeit in Sachsen“ ist mit verschiedensten Angeboten wie Kreativkursen für die Freizeit, gezielten Beratungsangeboten und alltagstauglichen Hilfen ein fester Bezugspunkt für die jungen Menschen und begleitet ihren Start in ein eigenverantwortliches Leben.
4. Ziel des im Jahr 2016 gegründeten Between The Lines e.V. ist es, Jugendlichen niedrigschwellige, digitale Hilfe zur Selbsthilfe in belastenden Lebenssituationen zu geben. Das junge Team hat eine App entwickelt, in der lokale und regionale Anlaufstellen und Hilfsangebote, Tipps zu verschiedenen Handlungssträngen in komplexen Krisensituationen und Mutmach-Beispiele anderer Jugendlicher zu finden sind. Das Themenspektrum reicht von Problemen innerhalb der Familie über Mobbing-Situationen und Stress in der Schule bis hin zu Drogenproblemen. Von Jugendlichen für Jugendliche entwickelt, dank dieses Ansatzes trifft das Angebot die Bedürfnisse der Zielgruppe. Bisher ist die App in einzelnen Regionen verfügbar, doch der bundesweite Ausbau des Projekts, das eine zentrale Datenbank aller Hilfsorganisationen der Jugendhilfe erstellt, schreitet voran.
Zur Geschichte des HanseMerkur Preises für Kinderschutz
Im UNO-Jahr des Kindes 1979 gab die HanseMerkur eine Studie bei Prof. Dr. Hedwig Wallis, Direktorin der Psychosomatischen Abteilung an der Hamburger Universitäts-Kinderklinik, in Auftrag, welche nachwies, dass die begleitende Mutter zur Beschleunigung des Genesungs-verlaufs und zur Vorbeugung gegen seelische Schäden bei stationären Aufenthalten von Kindern entscheidend ist. Diese Erkenntnis mündete ein Jahr später in den „Mutter-und-Kind-Tarif“, mit dem die HanseMerkur als erster privater Krankenversicherer das „Rooming-in“ absicherte. Parallel dazu wurde 1980 erstmals unter dem Motto „Sorge für Kinder ist Vorsorge für die Zukunft“ der HanseMerkur Preis für Kinderschutz ausgeschrieben.
Ausgezeichnet werden einzelne Personen, private Initiativen und Gruppen in Deutschland, die sich weitgehend ehrenamtlich und höchst engagiert sowie beispielhaft für die Belange von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Dies kann im Bereich der psycho-sozialen, der medizinischen oder gesellschaftlichen Hilfe bzw. Vorbeugung geschehen. Eine zehnköpfige Jury aus renommierten Kinderschützern, der unter anderem Heinz Hilgers (Der Kinderschutzbund), Georg Graf Waldersee (Deutsches Komitee für UNICEF) und Prof. Dr. Sabine Walper (Deutsche Liga für das Kind) angehören, sorgt für den Know-how-Transfer und die Qualitätskontrolle bei der alljährlichen Auswahl exzellenter Initiativen im Kinder- und Jugendschutz. Seit 1980 haben sich rund 3.700 Projekte beworben. Ausgezeichnet wurden bislang 169 Projekte, was der Ausschüttung eines Preisgeldes von fast 1,4 Millionen Euro entspricht.
Ausschreibung 2022
Die Ausschreibung für Bewerbungen um den HanseMerkur Preis für Kinderschutz 2022 endet am 30. September 2022.
Weiterführende Informationen:
Anlässlich der 40. Verleihung der HanseMerkur Preise für Kinderschutz stehen unter www.hansemerkur.de/presse weitere Informationen zum Download bereit:
- Ausführliche Pressetexte zu den sechs Preisträgern 2020
- Fotomaterial zu den Preisträgern 2020
- Fotos zu den sechs Preisverleihungen in Dresden, Freiburg, Hamburg, Remscheid und Solingen
- Foto von Edina Müller, Schirmherrin der Preisverleihung
- Foto von Heinz Hilgers, Präsident Der Kinderschutzbund
- Foto von Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender HanseMerkur
- Chronik „40 Jahre HanseMerkur Preis für Kinderschutz“
- Logo HanseMerkur Preis für Kinderschutz