Ein großes Problem stellt die relativ kurze Lebensdauer von ca. 14 Jahren der Vierbeiner dar. Die unausweichliche Folge ist der Verlust des Haustieres von knapp zwei Millionen von Haustierbesitzern in Deutschland jedes Jahr. Die dadurch ausgelöste Trauer um seinen Liebling führt häufig zu einem intensiven emotionalen Prozess. Gefühle von Traurigkeit, Verzweiflung und Taubheit sind keine Seltenheit. Häufig sind die Symptome des Trauerns um ein Haustier dieselben, die man beim Verlust eines geliebten Menschen durchlebt, vor allem bei starker Bindung zum Haustier.
Beim Verlust eines geliebten Menschen gibt es sozial anerkannte Rituale oder Denkmäler (z. B. Besucherzeiten, Beerdigungen, Trauerurlaub etc.), nicht jedoch beim Verlust des geliebten Haustieres. Hinterbliebene Haustierbesitzer sehen sich möglicherweise mit zusätzlichen sozialen Herausforderungen konfrontiert, da wohlmeinende Freunde und Angehörige in der Regel die Wichtigkeit des Verlusts für den Betroffenen nicht verstehen können. Dadurch wird ihre Trauerreaktion massiv entwertet. Die trauernden Hinterbliebenen befürchten von anderen abgewertet zu werden, da ihre Gefühle nicht anerkannt werden.
Diese Erfahrungen führen zu einer weiteren Entkräftung der Trauerreaktion, da die trauernden Haustierbesitzer befürchten, von anderen beurteilt zu werden und dass ihre Gefühle nicht offen anerkannt oder gewürdigt werden. Verstärkt wird die emotionale Belastung noch, wenn der Haustierbesitzer selbst für die Entscheidung zur Euthanasie verantwortlich ist. Bei unbehandelbaren oder chronischen Schmerzen (bspw. bei Verletzungen, Krankheiten und Alterung) muss der Haustierbesitzer entscheiden, ob sein geliebter Vierbeiner erlöst wird. Tierärzte können ihn beraten, treffen muss er aber dies schwere Entscheidung selbst. Auch wenn die Euthanasie in manchen Fällen die beste Option für das Haustier ist, wird durch die enge Bindung die Entscheidung massiv erschwert. Diese Entscheidung belastet den Hautierbesitzer emotional und kann zu komplizieren Trauerreaktionen führen. Untersuchungen zeigten, dass fast ein Drittel der Tierhalter, welche die Entscheidung über die Euthanasie treffen mussten, üb er tiefgreifende bzw. schwere Trauer klagten. Sie hatten zusätzliche Schuldgefühle und Bedauern, weil die Umstände ihrer Entscheidung, wie z.B. Finanzen und Zeitpunkt schwierig waren. Neben emotionalen Symptomen, wie psychische Störungen (bspw. Depressionen und Angstzuständen) erleben einige dieser Haustierbesitzer auch körperliche Symptome, wie Erbrechen, Zittern, Albträume, Schwindel und Blackouts.
Trauern ist ein sehr persönlicher Prozess. Einige Menschen brauchen länger als andere, um sich mit den emotionalen Stadien der Verlustbewältigung auseinander zu setzen. Soziale Unterstützung aus dem Umfeld können helfen, aber auch alternative Möglichkeiten wie Tierärzte, Selbsthilfegruppen, Beratung und Hotlines sind hilfreich.
Ergänzt kann dies durch die Nutzung fortbestehender Bindungen (z. B. Gedenkfeiern/ Beerdigungsgottesdienste, schwelgen in Erinnerungen und Schreiben von Briefen an den Verstorbenen) werden, die den trauernden Haustierbesitzern Trost spenden. Vertrauen in die Religion, die Teilnahme an Gemeinschaftsdiensten sowie der Kontakt zu anderen Tieren kann ablenken oder Trost spenden
Welche Bewältigungsmaßnahmen und Möglichkeiten amerikanische Haustierbesitzer nutzen, wurden in einer aktuellen Untersuchung ermittelt (siehe Abbildung).
Drei Viertel der Haustierbesitzer, deren Tier durch Euthanasie verstorben ist, trauern zur Bewältigung des Verlusts privat. Dies wurde auch schon in früheren Untersuchungen festgestellt, dass trauernde Haustierbesitzer mit emotionaler Distanzierung und sozialer Isolation reagieren. Da Hinterbliebene Tierhalter mit ihren Gefühlen kämpfen, meiden sie andere, um ihre negative Erfahrung zu verarbeiten.
Die Selbstisolierung kann zu negativen gesundheitlichen und sozialen Folgen der Haustierbesitzer führen, da diese die Trauer nicht bewältigen können, weil sie ihre Gefühle nicht nach außen hin ausdrücken können. Diese verinnerlichte Trauer kann bei den Haustierbesitzern zu Depressionen, schlechter körperlicher Gesundheit und erhöhtem Stress führen. Haustierbesitzer äußerten häufig ihre Angst davor, ihre Trauer mit ihren Angehörigen zu teilen. Sie hatten das Gefühl, dass diese ihre Erfahrungen nicht verstehen könnten. Diese Gefühle von Angst, Einsamkeit und sozialer Ablehnung begünstigen diese soziale Isolation, da trauernde Haustierbesitzer nicht in der Lage waren, um notwendige soziale Unterstützung zu bitten.
Mehr als die Hälfte sucht die Unterstützung bei der Familie und Freunden. Zur Trauerbewältigung (auch bei einem menschlichen Verlust) ist die soziale Unterstützung von Freunden unverzichtbar und ein starker Prädiktor für positive psychosoziale Ergebnisse. Aufgrund der starken Bindung zwischen Menschen und Haustier können die Bewältigungsmaßnahmen beim menschlichen Verlust auch für trauernde Haustierbesitzer eingesetzt werden. Umgekehrt können die Beziehungen in der Kernfamilie durch die gemeinsame Erfahrung gestärkt werden. So berichten Familien nach der gemeinsamen Erfahrung von einem Gefühl der stärkeren Zusammengehörigkeit und Wertschätzung füreinander. Die Inanspruchnahme der sozialen Unterstützung von Familie und Freunden ist ein gesunder Bewältigungsmechanismus.
Knapp ein Drittel der trauernden Haustierbesitzer adoptiert ein neues Haustier. Dabei spielt der zeitliche Abstand zum Verlust eine wichtige Rolle. In einer israelischen Studie gaben nur 14 % der Hundebesitzer die Adoption eines neuen Tieres als Trauerbewältigungsmaßnahme an, als sie bereits 2 – 3 Wochen nach der Euthanasie befragt wurden. Die Zeitspanne spielt eine wichtige Rolle, denn einige Haustierbesitzer finden dies kurze Zeit nach dem Verlust als unangemessen. Dabei wird das neue Haustier nicht als Ersatz, sondern als hilfreicher Bewältigungsmaßnahme gesehen, da die Gesellschaft und Pflege eines anderen Haustieres psychologischen Trost spenden.
Ein Achtel der Hinterbliebenen Haustierbesitzer betet und verlässt sich auf den Glauben, um Trost zu finden. Sie beten um das Wohlergehen des Haustieres im Jenseits.
Weniger als ein Prozent (0,9 %) nehmen an einer Selbsthilfegruppe -persönlich oder virtuell – teil.
In Selbsthilfegruppen können trauernde Haustierbesitzer ihre Trauer Menschen teilen, die den Verlust nachvollziehen können. Dies kann zu einer Verringerung negativer Emotionen (z. B. Schuldgefühle und Depressionen) und besseren psychosozialen Ergebnissen führen. Tierärzte empfehlen deshalb Selbsthilfegruppen. Allerdings sind diese in Deutschland nicht verbreitet.
Ein Teil der Ergebnisse der Studie von Hinterbliebenen Haustierbesitzer in den USA lässt sich sicher auch auf Deutschland übertragen. Die Hinwendung zum Beten und Glauben dürfte auf Deutschland allerdings nicht übertragbar sein.
Quelle: Park, Rachel and Royal, Kenneth: A National Survey of Companion Animal Owners’ Self-Reported Methods of Coping following Euthanasia, In: veterany Science Vet. Sci. 2020, 7, 89;