Wohnungsbau: Stagnation bei Eigenheimen, Mehrfamilienhäuser ab 2020 wieder im Aufwärtstrend
In seinem Vortrag zum Marktbericht 2019 ging Prof. Dr. Udo Mantau, INFRO, zunächst auf die Entwicklung im Wohnungsbau ein. In 2018 stiegen die Zuwächse der Auftragseingänge kräftig an. Auch in 2019 sind die Zuwachsraten hoch und sollen sich seiner Ansicht nach am Ende des Jahres bei fünf bis zehn Prozent über den Vorjahreswerten einpendeln. Trotz der vorteilhaften Rahmenbedingungen, darunter u. a. die Gewährung von Baukindergeld sowie Wohnungsbaukrediten auf einem sehr niedrigen Niveau, ist eine Belebung bei den Eigenheimen allerdings nicht in Sicht. Der Eigenheimbau scheint mit ca. 110.000 genehmigten Wohneinheiten und 105.000 fertig gestellten Wohneinheiten seinen Zenit erreicht zu haben. Die Baukosten hingegen steigen weiterhin kräftig mit ca. fünf Prozent.
Der Mehrfamilienhausbau befindet sich aktuell in einer konjunkturellen Delle, die durch die späte Klärung diverser Rahmenbedingungen entstanden ist. So wurde der Gesetzentwurf zur Sonderabschreibung von Baukosten erst Ende Juni 2019 durch den Bundesrat genehmigt. Darüber hinaus kann der Bund den Ländern ab 2020 zweckgebundene Finanzhilfen für den sozialen Wohnungsbau gewähren. Aufgrund dieser Entwicklungen scheint eine Stabilisierung im Mehrfamilienhausbau in der zweiten Jahreshälfte 2019 aufgrund von Nachholeffekten wahrscheinlich. Für 2020 wird sogar eine Fortsetzung des Aufwärtstrends erwartet, der einen Teil der entstandenen Zurückhaltung kompensiert. Ebenfalls interessant: Das nominale Bauvolumen wächst zwischen 2018 und 2020 um 15 Prozent. Die Modernisierungsmaßnahmen werden dabei nicht zurückgedrängt wie
zunächst vermutet, sondern wachsen kräftig weiter. Dies werde sich ab 2020 noch verstärken, so Prof. Dr. Mantau.
Nichtwohnbau: Industrielle Betriebsgebäude führen den Konjunkturabschwung an, wohnähnliche Betriebsgebäude folgen
Im ersten Halbjahr 2019 sind die Auftragseingänge im Wirtschaftsbau um 13,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Trotz der konjunkturellen Eintrübung, die auch Deutschland erreicht hat, sollten bis Ende des Jahres weiterhin zweistellige Veränderungsraten im positiven Bereich möglich sein. Auch im öffentlichen Bau kann das Auftragsniveau der vorangegangenen zwei Jahre gehalten werden. Ein Blick auf die Genehmigungsentwicklung industrieller Betriebsgebäude zeigt, dass diese im ersten Halbjahr 2019 mit 3,2 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen. Der Abschwung ist somit wie erwartet eingetroffen. Die Fertigstellungen folgen vorerst einem stabilem Seitwärtstrend. Eine ähnliche Entwicklung wird für 2020 prognostiziert: Die Genehmigungen fallen weiter zurück, lediglich die Fertigstellungen industrieller Betriebsgebäude bleiben auf gleichem Niveau.
Ähnlich sieht es bei den wohnähnlichen Betriebsgebäuden, wie z. B. Büro- und Verwaltungsgebäuden oder Hotels und Gaststätten, aus: 2019 setzt der Abschwung bei den Genehmigungen wie erwartet ein, der sich auch 2020 aufgrund der negativen Beschäftigungsentwicklung wahrscheinlich nicht erholen wird. Die Fertigstellungen in diesem Segment wachsen hingegen kraftvoll weiter. Die erhoffte Trendwende im Bereich der landwirtschaftlichen Betriebsgebäude war nur von kurzer Dauer. Dieses Segment kann sich ebenfalls dem konjunkturellen Trend nicht entziehen, sowohl für Genehmigungen als auch Fertigstellungen wird ein Rückgang in 2020 um etwa sieben Prozent erwartet.
Brennpunktthema: Energiewende im Gebäudesektor
Ist eine erfolgreiche Energiewende im Gebäudesektor noch möglich? Mit dieser Frage beschäftigte sich Dr. Ralph Henger vom Institut der Deutschen Wirtschaft. Bis 2050 soll der Gebäudebestand nahezu klimaneutral sein. Damit hat sich Deutschland sehr ehrgeizige Klimaschutzziele gesetzt, die nur durch umfangreiche Sanierungen fast aller Wohnungen und Wirtschaftsimmobilien erreicht werden können. Doch tatsächlich bleiben derzeit Investitionen und Maßnahmen aus, die energetische Sanierung stockt, so dass die gesetzten Ziele in weite Ferne rücken.
Um doch noch eine erfolgreiche Energiewende einzuleiten, bedarf es laut Dr. Henger Mut für einen grundlegenden Politikwechsel. Dabei müssten vor allem die Themen Fördern und Fordern neu gedacht werden. Aktuell gibt es deutschlandweit etwa 3.350 verschiedene Förderprogramme. Hier sollte eine Vereinfachung angestrebt und um eine effektive steuerliche Förderung ergänzt werden. Das bisherige Steuerrecht beispielsweise mindert Anreize für Vermieter umfassende Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen. Unter „Fordern“ versteht Dr. Henger die Einführung einer CO2-Bepreisung. Dadurch würden u. a. wichtige Investitionen angeregt, wie etwa der Austausch des Heizungssystems, um vermehrt Heizkosten einzusparen. Es bleibt abzuwarten, welche Wege die Bundesregierung in den kommenden Jahren einschlagen wird.
Ergebnisse einer Haushaltsbefragung – Zukünftige Wohnwünsche der 50- bis 65-Jährigen
Dr. Christian Kaiser, Leiter der Heinze Marktforschung, stellte während des Baukonjunktur-Meetings Ergebnisse aus einer aktuellen Befragung von privaten Haushalten vor. Die Vermutung liegt nah, dass ein Großteil der befragten 50- bis 65-Jährigen mit 70 Jahren aufgrund einer besseren Infrastruktur einen Umzug in Richtung Stadt anstreben könnte. Tatsächlich jedoch wünscht sich die große Mehrheit auch im Alter noch im gleichen oder ähnlichen regionalen Wohnumfeld zu leben. Fast die Hälfte der 50- bis 65-Jährigen möchte ihr jetziges Haus/Wohnung barrierefrei ausbauen, um dort auch später noch uneingeschränkt wohnen zu können.
Alle Ergebnisse dieser Haushaltsbefragung wird die Heinze Marktforschung demnächst in einer ausführlichen Studie aufbereiten. Bei Interesse an dieser Studie wenden Sie sich bitte an das Team der Heinze Marktforschung unter Telefon-nummer 05141 50-101 bzw. E-Mail marktforschung@heinze.de.