Im Corona-Jahr 2020 mussten schon viele wichtige Messen und beliebte Branchentreffen abgesagt werden. Andere Veranstaltungen wurden kurzerhand in virtuelle Räumlichkeiten verlegt. So auch das erste Live-Event von baunetz interior|design mit dem Titel „It's All About the Details“, das nun online stattfand. Auch wenn das öffentliche Leben in Deutschland in den vergangenen Monaten mehrfach heruntergefahren werden musste, hat sich hinter den Kulissen viel getan. In den Köpfen der Kreativen, in den Architektur- und Designbüros des Landes – alles andere als Stillstand. Hersteller, Architekt*innen und Designer*innen haben die Zeit genutzt, um neue Produkte oder Konzepte für das Innere der Architektur zu entwickeln. Themen, Ideen sowie Kollektionen, die bisher noch nicht vor einem größeren Publikum präsentiert wurden, konnten während des dreitägigen Live-Events baunetz interior|design virtuell vorgestellt werden.
Inspirierende Keynotes zu Frühstück und Mittagessen
Durch das Programm führten die baunetz i|d-Chefredakteurin May-Britt Frank-Grosse und die freie Autorin Adeline Seidel – als Moderatorinnen und Gastgeberinnen. An allen drei Veranstaltungstagen startete das digitale Design-Event gleich morgens mit Keynote-Vorträgen renommierter Architekturbüros: Eberhard Schlag (Atelier Brückner), Simona Malvezzi (Kuehn Malvezzi), Ester Bruzkus und Peter Greenberg (Ester Bruzkus Architekten), Stefan Diez (Diez Office), Matthias Hiller (Studio Oink) sowie Judith Haase und Pierre Jorge Gonzalez (AAS Gonzalez Haase) stellten die Arbeitsweisen ihrer Büros vor, berichteten von aktuellen oder jüngst realisierten Projekten und teilten ihre Erfahrungen mit den virtuellen Gästen.
Präsentationen namhafter Hersteller
Im Anschluss luden führende Hersteller der Interior- und Ausstattungsbranche die per Live-Stream zugeschalteten Gäste zu digitalen Präsentationen ein. Gemeinsam mit den Moderatorinnen sprachen Einrichtungsexperten von GROHE, JUNG, RENOLIT, LAUFEN, TRILUX, ERFURT, DALLMER, GIRA, BETTE, OBJECT CARPET, POHLCON, GERFLOR, RSL, SÜDMETALL, ARTIQUA und HUG Raumsysteme über neueste Entwicklungen, innovative Materialien und Kollektionen. Das Interesse an den Impulsvorträgen und Sprechstunden der Hersteller, an Werksbesuchen und Produktpräsentationen war groß. Auch durch die virtuellen baunetz i|d-Messestände strömten die Eventteilnehmer*innen, informierten sich an den Hersteller-Ständen und luden Kataloge und Bildmaterial herunter.
Talks am Abend
An jedem der drei Veranstaltungstage bildeten Experten-Talkrunden den Abschluss. Die geladenen ArchitektInnen und DesignerInnen waren teils vor Ort im baunetz i|d-Sendestudio, teils per Videokonferenz zugeschaltet. Es wurde angeregt diskutiert, aber auch gerne gescherzt und gelacht. Vor allem am finalen Abend freuten sich die Talkmasterinnen May-Britt Frank-Grosse und Adeline Seidel über ihre „lustige letzte Runde“.
Trends im Interior: Material & Oberfläche
Am Dienstag lautete das Talkthema: „Trends im Interior: Material & Oberfläche“. Vor Ort im Stuttgarter Sendestudio saßen Sascha Arnold (Arnold / Werner) und Moritz Köhler (Studio Komo), Eva Marguerre und Marcel Besau (Studio Besau Marguerre) waren live aus Hamburg zugeschaltet. Es ging um Trends in der Interior-Branche, wobei sich im Laufe des Gesprächs herausstellte, dass die typischen Farb- und Materialtrends, die es noch vor ein paar Jahren gab, inzwischen durch ein eklektisches Nebeneinander von Farben, Materialien und Stilrichtungen ersetzt wurden. Einige Tendenzen sind dennoch festzustellen: Die Eichenholz-Welle ebbt langsam ab, der in der Designwelt so beliebte Terrazzo-Trend ist bei den Bauherren noch nicht ganz angekommen. Weitere Erkenntnisse aus diesem Talk: So mancher Lehrende an einer Hochschule möchte Studierenden am liebsten „Pinterest-Verbot“ erteilen, damit wieder eigene Ideen entwickelt werden, statt sich mit Sampling und Collagen zu begnügen. Auch recycelte und regionale Materialien gewinnen an Bedeutung – was direkt zum Thema des nächsten Talks führt.
Nachhaltige Interiors – inzwischen selbstverständlich?
Über das Thema „Nachhaltige Interiors“ unterhielten sich beim zweiten abendlichen Talk angeregt Dr.-Ing. Stephan Anders, Leiter der Abteilung Zertifizierung bei der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V.), Jutta Blocher (Blocher und Partner) und Alexander Fehre (Studio Alexander Fehre). Die Frage lautete: Ist Nachhaltigkeit auch in der Innenarchitektur heutzutage schon selbstverständlich? Die Talkrunde kam zu dem Schluss, dass das Bewusstsein für Nachhaltigkeit täglich wächst und die Dynamik wohl nicht mehr zu bremsen ist. Dennoch mangelt es oft an der entsprechenden Nachfrage vonseiten der Kunden, die noch immer viel zu gering ist. Nicht nur der „Zertifizierungswillen“, vor allem die Raumqualität sollte bei allen Überlegungen im Vordergrund stehen. Gewünscht werden von den Innenarchitekten außerdem eine „Datenbank für nachhaltige Materialien“ und ähnliche Online-Tools, um die Arbeit an nachhaltigen Projekten zu vereinfachen. Die Interiordesign-Experten versuchen, für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren und bemühen sich, nachhaltige Lösungen anzubieten. Somit werden sie als Berater der Bauherren tätig – und genau darum ging es am dritten Talkabend.
Architecture for Brands – vom Gestalter zum Berater?
Um über das Thema „Architecture for Brands – vom Gestalter zum Berater?“ zu sprechen, trafen sich am finalen Veranstaltungsabend Peter Ippolito (Ippolito Fleitz Group), Daniel von Seld (Kinzo) und Georg Thiersch (1zu33) – teils im realen, teils im digitalen Raum. Architekten werden heutzutage oft zum Prüfer, Berater oder Vermittler von Firmenimage und -kultur. Sie bestimmen mit, wie Unternehmen sich nach außen präsentieren. So geht es auch den Gesprächspartnern im baunetz i|d-Talk. Sie berichteten davon, dass sich Kunden heute – über die Gestaltung hinaus – deutlich mehr Beratung wünschen. Die Firmenkultur muss erst im Rahmen von Workshops herausgearbeitet werden. Es ist ein langwieriger Prozess – und die meisten Kunden verstehen das. Was in den Büros meist „Phase Null“ genannt wird, ist ein enorm wichtiger Teil des gesamten Projekts. Der eigenständige Wert von Beratung sollte nicht unterschätzt werden. Von Innenarchitekten wird nicht nur fachliches Know-how, sondern auch viel Empathie verlangt, denn „im Innenraum ist man extrem nah am Nutzer, am Menschen“. Das führt zu engen Verbindungen mit dem Kunden und – wie die Gesprächspartner berichteten – auch mal zur einen oder anderen „Freudenträne“. Denn wenn der Kunde sich verstanden fühlt und ein Projekt gelungen ist, „lässt das niemanden kalt“.
Ein Wiedersehen in der realen Welt
Nach drei ereignisreichen Veranstaltungstagen steht fest: In Zeiten der Pandemie ist ein virtuelles Branchentreffen eine wunderbare Möglichkeit, sich auszutauschen, sich zu informieren und inspirieren zu lassen. Persönliche Begegnungen und gute Gespräche an einem Tisch lassen sich dadurch auf Dauer natürlich nicht ersetzen. Und so freut sich das baunetz i|d-Team schon jetzt auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr – am liebsten in der realen Welt. Autorin: Stella Hempel