Metall-Wasserstoffspeicher werden gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadebatte als potentielle Energieträger der Zukunft gehandelt, da sowohl beim Vorgang des Beladens mit Wasserstoff als auch des Entladens keine klimaschädlichen Gase auftreten. Damit erscheinen sie für die CO2-emissionsfreie Energiespeicherung der Zukunft hervorragend geeignet. Doch ist vor einem flächendeckenden Einsatz noch viel Grundlagenforschung erforderlich. So gilt es, Wasserstoff in einem Metall gelöst zu speichern und bei Bedarf wieder freizusetzen. Dies kann durch Anlegen eines elektrischen Potentials geschehen, wie z.B. beim Aufladen kommerzieller Metall-Hydrid-Akkubatterien.
Die Wechselwirkung mit atomaren Gitterdefekten, die sich bereits im Speichermaterial befinden oder erst während der Beladung bilden, ist dabei nicht nur grundsätzlich von Interesse. Vielmehr spielen Defekte auch in technischer Hinsicht eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Eigenschaften von Gebrauchslegierungen bei Anwesenheit von Wasserstoff. Sie könnten die Nutzungseigenschaften und -dauer des Metall-Wasserstoffspeichers erheblich beeinträchtigen. Die genaue Rolle solcher Defekte bei der Wasserstoffspeicherung ist trotz langjähriger Forschung in vielerlei Hinsicht noch unverstanden. Dies liegt daran, dass eine direkte Charakterisierung dieser unvorstellbar kleinen Defekte – die Größenordnung liegt im Nanometer- bis Mikrometer-Bereich – sehr schwierig ist.
Dr. Astrid Pundt von der Universität Göttingen, Dr. Jakub Cizek von der Karls-Universität in Prag und Dr. Gerhard Brauer, Leiter des Rossendorfer Positronen-Labors, erzeugen und untersuchen systematisch dünne Metall-Schichten auf ihre jeweilige Defektstruktur. Dabei entdeckten sie unerwartet viele Defekte bei der Wasserstoffbeladung von Niob, das als potentielles Speichermaterial der Zukunft betrachtet wird. Die Wasserstoffaufnahme kann in diesem Metall zu derart hohen inneren Spannungen im führen, dass sich die Schicht von ihrer Unterlage teilweise ablöst (siehe Bild). Das Beladen mit Wasserstoff kommt bei Niob sogar dem Schmelzen des Metalls gleich, denn die Defekt-Konzentrationen sind bei beiden Vorgängen ähnlich hoch. Verglichen mit der Gleichgewichts-Konzentration dieser Defekte bei Zimmertemperatur wurde somit ein Anstieg um bis zu 23 Größenordnungen gefunden. Diese Ergebnisse erregten im Juli auf dem „11. Internationalen Workshop über Positronen-Strahlen für Festkörper und Oberflächen“ in Orleans/Frankreich internationales Interesse und sollen in Kürze in einer Fachzeitschrift veröffentlicht werden.
Als Werkzeug zur Untersuchung der unterschiedlichen Defekte werden Positronen, die Antiteilchen des Elektrons, eingesetzt. Das Positron ist ein Elementarteilchen der Antimaterie, das in seinen Eigenschaften exakt einem Elektron entspricht, mit dem einzigen Unterschied einer entgegengesetzt gepolten elektrischen Ladung. Beim Aufeinandertreffen von negativ geladenen Elektronen der Materie mit einem positiv geladenen Positron kommt es zur Zerstrahlung (Annihilation bzw. Vernichtung) beider Teilchen, also zur Bildung von Gammastrahlen, d.h. der Umwandlung von Masse in Energie gemäß der Einstein-Relation E=mc2. Aus diesem Vorgang können in sehr empfindlicher Weise spezifische Informationen über den inneren Aufbau von Festkörpern entnommen werden. Positronen können für die Charakterisierung eines breiten Spektrums technologisch relevanter Werkstoffe verwendet werden, wobei sich insbesondere atomar kleine Defekte wie fehlende Atome im Kristallgitter besonders gut untersuchen lassen. Deren Struktur und Konzentration bestimmen in vielen Fällen die Materialeigenschaften und sind wegen ihrer geringen Größe nur selten anderen mikroskopischen Methoden direkt zugänglich.
Diese hochaktuellen Forschungsarbeiten werden bereits im dritten Jahr von der Alexander-von-Humboldt-Gesellschaft im Rahmen des Programms „Institutspartnerschaften“ gefördert.