Das RLS betrifft in Deutschland allein 8 Millionen Menschen und gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Die Betroffenen leiden abends und nachts wenn sie zur Ruhe kommen an einem Bewegungsdrang und Missempfindungen in den Beinen, die nur durch Bewegung oder Umhergehen gelindert werden können. Die Folge können schwere Ein- und Durchschlafstörungen, chronischer Schlafmangel und damit verbunden eine Tagesmüdigkeit sein. In schweren Fällen kann die Krankheit zu Depressionen und sozialer Isolation führen. Die Häufigkeit des RLS nimmt mit dem Alter zu: Bei über 65-jährigen sind bis zu 10 Prozent betroffen, allerdings in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Es können aber auch Kinder an RLS erkranken.
Die Ursache für das RLS war bisher völlig unbekannt. Mehr als die Hälfte aller RLS-Patienten berichten über weitere betroffene Familienangehörige, sodass man schon früh von einer genetischen Komponente bei der Entstehung der Erkrankung ausging. Verschiedene Forschergruppen fahnden seit Jahren nach den Genen, die bei RLS eine Rolle spielen könnten.
Nun identifizierte ein Wissenschaftler-Team vom Institut für Humangenetik des GSF-Forschungszentrums, der TU München und des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie erstmals Risikofaktoren, die an der Entstehung der Krankheit beteiligt sind: Unter Leitung von Privatdozentin Dr. Juliane Winkelmann und Professor Thomas Meitinger wurden DNA-Chips eingesetzt, die es erlauben, 500 000 der häufigsten Varianten des menschlichen Genoms zu bestimmen. Gemessen wurde die Verteilung der Varianten zwischen 400 RLS-Patienten und 1600 Probanden aus der Normalbevölkerung. Dieser genomweite Abgleich häufiger Varianten - auch genomweite Assoziationsstudie genannt - gehört zu den Hits der Genomforschung in diesem Jahr. Forschergruppen aus Deutschland, Österreich und Kanada waren beteiligt. Insgesamt nahmen über 1500 RLS-Patienten und 2500 Probanden aus der KORA-Studie der GSF, die von Professor Erich Wichmann geleitet wird, an der Untersuchung teil.
Die Genotypisierungplattform an der GSF wurde u.a. durch das nationale Genomforschungsprojekt (NGFN) finanziert.
Die Funktion der identifizierten Gene MEIS1, BTBD9 und LBXCOR1 überraschte alle Beteiligten: Es handelt sich um Gene, die im Zusammenhang mit der embryonalen Entwicklung eines Organismus bekannt sind. In dieser Aktivitätsphase sind sie an der Musterbildung der Extremitäten und des zentralen Nervensystems beteiligt. Welche Rolle diese Gene beim Erwachsenen spielen, muss nun näher untersucht werden.
Wie schnell das Wissen um die genetischen Risikofaktoren in innovative neue Behandlungskonzepte umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall eröffnen sich jetzt neue Wege, um das ganze Spektrum genetischer und auch nicht-genetischer Ursachen dieser Erkrankung aufzuklären. Für die Forschung bieten sich so völlig neue Perspektiven, die zellbiologischen Zusammenhänge bei der Entstehung des RLS zu verstehen.