Die Hilfsorganisation HelpAge International fordert deshalb, dass sich die humanitäre Hilfe in der Ukraine an die speziellen Bedürfnisse älterer Menschen anpassen muss. In der ganzen Ukraine bleiben viele ältere Menschen in ihren Häusern, viele davon in Gebieten mit intensiven Kämpfen. Sie sind allein, krank, nicht mobil und brauchen dringend Zugang zu Unterkünften, Nahrung, Wasser, Medikamenten, psychosozialer Unterstützung und zu ihrer Rente.
Sonja Birnbaum, Geschäftsführerin von HelpAge Deutschland e.V., weiß durch die Arbeit von HelpAge in der Ukraine: „Einen alten Menschen mit Rollator kann man nicht so einfach evakuieren. Die Menschen, die durch chronische Erkrankungen oder z.B. Demenz in der Krisenregion zurückbleiben, sind für Hilfsorganisationen schwer zu erreichen und es mangelt an allem. Dabei ist einer von vier Menschen älter als 60 Jahre – wir sprechen von der ältesten humanitären Krise der Welt. Es fehlen dringend benötigte Medikamente und einfache Hygieneartikel wie zum Beispiel Inkontinenz-Windeln – von sozialen Kontakten und psychosozialer Betreuung mal ganz abgesehen!“.
Auch 100 Tage nach Kriegsbeginn gibt es keine gesicherten, humanitären Korridore, die die Versorgung und Betreuung der zurückgebliebenen Menschen sichert. Sonja Birnbaum appelliert eindringlich: „Das humanitäre System geht allzu oft nicht auf die besonderen Bedürfnisse älterer Menschen ein. Die Bundesregierung muss jetzt im Rahmen der internationalen humanitären Hilfe Maßnahmen für die Ukraine ergreifen, damit ältere Menschen nicht weiterhin zurückgelassen und vergessen werden. Wir brauchen dringend einen sicheren, humanitären Korridor, um helfen zu können“.
Eine aktuelle Umfrage von HelpAge International in der West- und Zentralukraine gibt einen Einblick in die Herausforderungen und besonderen Bedürfnisse von älteren UkrainerInnen (über 60 Jahre). Die Umfrage zeigt, dass über 60% von Basisartikeln der Gesundheitspflege und Hygieneartikeln weitgehend abgeschnitten sind. 8 % haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Hinzu kommt, dass nur die Hälfte offiziell als Binnenvertriebene registriert sind und somit Sozialleistungen erhält.
Mehr als zwei Drittel (69 %) wurden seit der Eskalation nicht mehr von einer humanitären Organisation konsultiert.