Von Eltern eines Tages Abschied nehmen zu müssen, ist schlimm. Von ihnen abgewiesen zu werden, ist noch schlimmer. Wenn aber die eigenen Kinder ihre Eltern verstoßen, bleibt ein Leben lang das „Warum?“.
Es ist der Spagat zwischen Loslassen und Fallenlassen, den Birgit Belau in ihrem Buch beschreibt. Und in beiden Begriffen steckt das Wort „lassen“. Es drückt Passivität, fast schon Ohnmacht, aus. Ohne die eigene Macht zu haben, etwas zu ändern.
Dennoch ist das Buch kein Blick zurück in Wehmut und Zorn. Es ist die subjektive, aber ehrliche und manchmal ernüchternd-offene Schilderung einer Frau, die oft auf Liebe ihrer Eltern verzichten musste und ihre Kinder dafür mit Liebe und Geborgenheit überfloss wie das Lava eines Vulkans die Erde. Bis zu einem Augenblick, als sie loslassen als fallenlassen empfunden hätte. Dennoch ist es keine Abrechnung oder Anklage – es ist ein Buch voller Erkenntnis. Kein Buch, das man an einem Abend liest. Vielmehr ertappt man sich dabei, zehn Seiten zu lesen und wieder fünf Seiten zurückzublättern, weil hier die Erklärungen zu finden sind.
Für sich selbst hat die heute über 70-Jährige, die unter dem Pseudonym Birgt Belau schreibt, die Erkenntnis verstanden, dass niemand das Recht hat, etwas zu besitzen – auch nicht die eigenen Kinder. Die Schlüsselerlebnisse dazu waren die Begegnungen mit der weißhaarigen Hawaiianerin Leimomi und dem alten Hawaiianer Abel. „Spring ins neue Leben“ war ihre Botschaft. Und Birgit Belau hat diese Botschaft verstanden beim Anblick der glühenden Lavaströme auf Hawaii, die alles Leben bedecken und dennoch irgendwo den Spalt für ein junges Leben lassen. Heute lebt sie in Oberbayern und sie lebt die Philosophie der stolzen Hawaiianer mit dem Hula - dem Tanz eines Volkes, in dessen Sprache es keine Worte für Krieg, Krankheit oder Zuhause gibt.
„Verstoßene Eltern“ von Birgit Belau
196 Seiten in Taschenbuchausgabe
12,50 €
ISBN: 978-3-7357-6941-1