Für den aufgeschlossenen Chinesen gab es in den Jahrzehnten seines Deutschlandaufenthalts nie einen Zweifel, dass er eines Tages in sein Heimatland zurückkehren würde. "Ich habe meine Familie regelmäßig besucht und den Kontakt gepflegt," erzählt er, und auch seine Ehefrau, die er am 2.Januar 2008 geheiratet hat, ist Chinesin und wartet nun auf seine Heimkehr.
"Weil ich wusste, dass ich in absehbarer Zeit zurück gehe, konnte ich jetzt auch heiraten," schmunzelt Li.
Der in Peking gebürtige Absolvent der RWTH Aachen kam auf Betreiben seines Onkels nach Deutschland. "Mein Onkel war lange in der Verlagsbranche tätig und kannte daher Frankfurt als Ort der Buchmesse sehr gut," erinnert sich der Neffe. Zuvor hatte Li das Glück, in Peking einen Bachelor-Studiengang in Konstruktionstechnik absolvieren zu können - nur 13 von 200 Schülern seiner Abschlussklasse bekamen die Zulassung. "Am 4. April 1985 landete ich in Frankfurt," weiß er heute noch genau, "und dann lernte ich erst einmal sieben Monate lang Deutsch." Neben dem Studium der Produktionstechnik musste sich Li seinen Lebensunterhalt verdienen - mangels Sprachkenntnissen zunächst am Band einer Süßwarenfabrik in Aachen, später als studentische Hilfskraft an der Technischen Hochschule. Dort wurde er nach dem Studienabschluss 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter übernommen und promovierte 1995 über die FEM-Simulation der Massivumformung.
"Mein Plan war, für eine deutsche Firma nach China zu gehen," verrät Dr. Li.
Deshalb bewarb er sich bei ThyssenKrupp in München, wo man ihm genau dieses Versprechen machte. "Doch die Kooperation mit einem chinesischen Unternehmen zerschlug sich, und auch weitere Projekte konnten nicht verwirklicht werden.
" Daher wurde der Chinese hellhörig, als die Hirschvogel Automotive Group 2005 die Hirschvogel Automotive Components in Pinghu gründete, nachdem man schon seit 2001 in einem Joint Venture Erfahrungen vor Ort gesammelt hatte.
"Ich habe mich selbst bei Hirschvogel beworben und arbeite nun seit dem Sommer 2007 hier," so Jin Hong Li. Von Anfang an war Geschäftsführer Dr.
Manfred Hirschvogel klar, dass Li für die Leitung der chinesischen Tochter wie geschaffen ist: "Dr. Li hat eine exzellente technische Ausbildung und bringt durch seine Tätigkeit bei den ThyssenKrupp Schmieden auch Know-how in die Präzisionsumformung mit. Darüber hinaus ist seine interkulturelle Erfahrung von unschätzbarem Wert." Neben seiner technischen Ausbildung absolvierte er auch noch ein Fernstudium in Betriebswirtschaftslehre - und vor allem seine Erfahrung mit der europäischen wie der asiatischen Mentalität macht ihn zu einem Glücksfall für die Zusammenarbeit mit chinesischen Mitarbeitern und europäischen Kunden. "Sehr viele heimische Kunden haben mittlerweile Produktionsstandorte in China und verlangen von uns, dass wir ihre Teile für den chinesischen Bedarf in China mit dem gewohnten Standard fertigen," erzählt der Ingenieur. Und dies ist für ihn auch der Schlüssel zum Erfolg des Hirschvogel-Werkes in Pinghu.
Zum Vorbild nimmt sich Dr. Li das rasante Wachstum des Hirschvogel Zerspanungswerkes in Schongau. Dieses hatte bei seiner Gründung 1999 etwa dieselbe Größe wie das Hirschvogel-Werk in China. Aus damals 50 Mitarbeitern sind inzwischen über 500 geworden - Tendenz steigend. "So will ich in China auch vorankommen," meint Li selbstbewusst.