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"Gläserne Decke" erschwert Aufstieg von Akademikerinnen

(lifePR) (Hannover, )
Ein Viertel aller Universitätsabsolvent(inn)en sowie ein Drittel aller Fachhochschulabsolvent(inn)en im Angestelltenverhältnis bekleiden fünf Jahre nach dem Studienabschluss eine Führungsposition. Neun Prozent aller angestellten Absolvent(inn)en in der Privatwirtschaft haben es zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine Position in der oberen Führungsebene geschafft. Frauen mit Hochschulabschluss sind deutlich seltener in Leitungspositionen anzutreffen als männliche Absolventen. Vor allem die oberen Führungsebenen bleiben ihnen meist verschlossen. Nur zu einem geringen Anteil kann dies durch Unterschiede in der Studienfachwahl erklärt werden. Vielmehr scheint es auch weiterhin eine sogenannte "gläserne Decke" für Absolventinnen zu geben.

Etwa jede(r) dritte Hochschulabsolvent(in) befindet sich fünf Jahre nach dem Abschluss des Studiums in einer Führungsposition. Im öffentlichen Dienst sind die Anteile von Absolvent(inn)en in Leitungsfunktionen geringer als in der Privatwirtschaft. 27 % der FH-Absolvent(inn)en und 17 % Universitätsabsolvent(inn)en im öffentlichen Dienst bekleiden fünf Jahre nach dem Hochschulabschluss eine Leitungsposition. Zum gleichen Zeitpunkt sind es rund 40 % der in der Privatwirtschaft beschäftigten (Universitäts- und Fachhochschul-)Absolvent(inn)en. Neun Prozent der angestellten Absolvent(inn)en in der Privatwirtschaft arbeiten fünf Jahre nach dem Studium bereits in einer höheren Leitungsfunktion.

Die Chancen zum Aufstieg in leitende Positionen sind je nach Gruppenzugehörigkeit unterschiedlich verteilt: Männlichen Akademikern gelingt dies deutlich häufiger als Akademikerinnen. 42 % aller männlichen Fachhochschulabsolventen bekleiden fünf Jahre nach dem Studienabschluss eine leitende Position, hingegen nur 30 % der Fachhochschulabsolventinnen. Ähnlich groß sind die Unterschiede bei den Universitätsabsolvent(inn)en: Hier sind 35 % der Männer fünf Jahre nach dem Examen in Führungspositionen aufgestiegen, aber nur 24 % der Frauen. Insbesondere der Zugang in die oberen Führungsetagen bleibt den Akademikerinnen weiterhin zumeist verwehrt.

Die Unterschiede in den Anteilen männlicher und weiblicher Führungskräfte liegen teilweise in einer unterschiedlichen Studienfachwahl begründet. Fachrichtungen, die bevorzugt von Frauen gewählt werden, wie die Geisteswissenschaften, bieten häufig geringere Aufstiegschancen als typischerweise von Männern präferierte Fachrichtungen, wie z. B. die meisten MINT-Fächer. Doch auch unter den Absolventinnen und Absolventen ein und derselben Fachrichtung lassen sich geschlechtsspezifische Differenzen beim Aufstieg in Führungspositionen beobachten. "Selbst wenn wir von ähnlichen individuellen Voraussetzungen ausgehen, von ähnlichen Studienleistungen, ähnlichen Kompetenzen und ähnlichen Gelegenheitsstrukturen, bleiben die Karrierenachteile für Frauen bestehen. Akademikerinnen stoßen weiterhin an eine "gläserne Decke"", erläutert Michael Grotheer, Hochschulforscher am HIS-Institut für Hochschulforschung (HIS-HF) in Hannover, der für seine Untersuchung "Bestand und Struktur akademischen Führungspersonals" in Deutschland Daten der HIS-HF Absolventenstudien ausgewertet hat. Konkret beruht Grotheers Analyse auf der ersten und zweiten Befragung des Absolventenjahrgangs 2005, die ca. ein und fünf Jahre nach dem Examen durchgeführt wurden.

Grotheer konnte dabei auch zeigen, dass für einen Teil der weiblichen Beschäftigten Arbeitszeitwunsch und -wirklichkeit auseinanderklaffen. Eine Ausübung von Führungsfunktionen findet auch bei Frauen nur selten in Teilzeit statt und erfordert vielmehr häufig Mehrarbeit. Allerdings wünschen sich etwa 17 % der vollzeitbeschäftigten Absolventinnen sowohl in Positionen mit als auch ohne Leitungsfunktion die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung; von den Männern sind es hingegen nur vier bis acht Prozent. Es sind also möglicherweise auch solche Barrieren, die dazu führen, dass Frauen seltener in Führungspositionen gelangen bzw. diese für Frauen wenig attraktiv erscheinen.

Mit dem Aufstieg in Führungspositionen geht in der Regel eine Erhöhung des Gehalts einher. Wie Grotheer für den Absolventenjahrgang 2005 ermittelt hat, betragen die Differenzen der Bruttojahreseinkommen von Vollzeitbeschäftigten mit und ohne Leitungsfunktion rund 4.000 Euro bei den FH-Absolvent(inn)en und rund 5.000 Euro bei den Universitätsabsolvent(inn)en. In der Privatwirtschaft verdienen Frauen im Durchschnitt rund 20 % weniger als Männer, und zwar auch dann, wenn sie in einer Führungsposition arbeiten. Auch hier gilt, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nur in geringem Maße durch Unterschiede in den studierten Fächern erklärt werden können.

Die Untersuchung von Grotheer zeigt auch, dass die These, Großbetriebe böten durch ihre Ausgestaltung interner Arbeitsmärkte mit geregelten Aufstiegswegen bessere Möglichkeiten für einen Aufstieg in Führungspositionen, für Hochschulabsolvent(inn)en zumindest in der Anfangsphase ihrer Karriere nicht bestätigt werden kann. Für die Absolvent(inn)en des Jahrgangs 2005 war die Chance, innerhalb der ersten fünf Jahre nach dem Examen in Führungsverantwortung zu gelangen, in Unternehmen mittlerer Größe am höchsten. Möglicherweise sind die Chancen für Aufstiege in Großbetrieben stärker an die Betriebszugehörigkeitsdauer gebunden und steigen im weiteren Berufsverlauf.

Die Studie "Bestand und Struktur akademischen Führungspersonals" ist als vertiefende Analyse in die jüngst veröffentlichte HIS-HF Absolventenuntersuchung eingebunden (Grotheer, M.; Isleib, S.; Netz, N.; Briedis, K. (2012): "Hochqualifiziert und gefragt. Ergebnisse der zweiten HIS-HF Absolventenbefragung des Jahrgangs 2005", Hannover: HIS:Forum Hochschule 14|2012). Die Studie steht Interessierten als PDF-Download unter nachfolgendem Link kostenlos zur Verfügung. HIS-HF befragt im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) jeden vierten Absolventenjahrgang. Die erste Befragung findet ca. ein Jahr nach dem Examen statt; es folgt eine zweite Befragung etwa fünf Jahre nach dem Studienabschluss. Ausgewählte Jahrgänge wurden ein drittes Mal etwa zehn Jahre nach dem Examen befragt. Die Ergebnisse sind bundesweit repräsentativ.
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