Im Rahmen des Beitrags von Ulrich Heisig wird das Konzept des Shared Service Center in einen breiteren Prozess der Unternehmensreorganisation und des Outsourcing eingeordnet. Dabei soll gezeigt werden, dass die Neuordnung der Dienstleistungserbringung in Großunternehmen einer eigenständigen Logik folgt, die sich deutlich von der im Bereich manueller Arbeit unterscheidet. Innovationen werden bei Dienstleistungen weniger systematisch geplant als im Produktionsbereich und verlaufen vielfach nach dem Modell des umgekehrten Produktzyklus ("reverse product cycle" - Barras). Allerdings gilt die besondere Logik von Dienstleistungsarbeit ausdrücklich nur für hoch qualifizierte Tätigkeiten mit einem hohen Wissensanateil, weil diese sich nicht einfach standardisieren lassen. Insgesamt zeichnet sich allerdings ein Trend ab, alle Arten von Dienstleistungstätigkeiten dahingehend zu restrukturieren, dass versucht wird, routinisierbare Elemente abzuspalten, diese einer "industriellen" Logik zu unterwerfen und diese zu "McDonalidisieren" (Ritsert). Es kommt somit zu einer Polarisierung zwischen qualifizierter Wissensarbeit und standardisierten Tätigkeiten, die ausgelagert und von Fremdfirmen abgewickelt werden. Diese Tendenzen werden durch den demographischen Wandel und den Fachkräftemangel verstärkt, der neue Formen der Aufgabenteilung und der Zusammenarbeit notwendig macht.
Der Beitrag von Cora Schwittling nimmt Shared Service Center unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen auf Prozesse, Beschäftigte und deren Tätigkeit sowie die Effekte auf die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates in den Fokus. Waren diesbezüglich Veränderungen in den betrieblichen Strukturen zuerst in den IT-Betrieben und IT-Bereichen erkennbar - Standardsoftware und Standardprozesse ebnen dort seit vielen Jahren den Weg von Zentralisierung, Outsourcing von Teilprozessen und nun auch Shared Service Centern und Cloudsourcing - hat sich dieser Trend in der jüngeren Vergangenheit auf die Verwaltungsbereiche und zum Teil auch auf die Ingenieurstätigkeiten ausgeweitet. Insbesondere die Großunternehmen versuchen ihre ganzheitlichen Produktionssysteme mit hohem Standardisierungsgrad auf diese Bereiche zu übertragen. Damit verbunden ist auch die "Zerstückelung" von Tätigkeiten, im Zuge derer standardisierbare Tätigkeiten ausgelagert werden können.
Dr. Ulrich Heisig
Diplomsoziologe, Dr. phil., studierte Soziologie in Marburg und Frankfurt am Main. Von 1979 bis 1989 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bremen, von 1990 bis 1992 als wissenschaftlicher Angestellter am Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum der Universität Erlangen-Nürnberg und von 1992 bis 2002 als wissenschaftlicher Referent an der Angestelltenkammer/Arbeitnehmerkammer Bremen. Seit 2002 ist er als Forschungsleiter am Institut Arbeit und Wirtschaft an der Universität Bremen tätig. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Dienstleistungsarbeit im privaten und öffentlichen Sektor, Qualität der Arbeit in qualifizierten Tätigkeitsbereichen, Organisation von Wissensarbeit und Entwicklung von Wissensberufen sowie Professionen und professionelle Arbeit im internationalen Vergleich.
Cora Schwittling
Bürokauffrau, studierte Geschichte und Germanistik. Seit 1990 ist sie bei der Daimler AG in den Bereichen Buchhaltung und Controlling sowie diversen IT-Großprojekten (EURO-Einführung, SAP-Einführung im Rechnungswesen etc.) tätig. Seit 2006 fungiert sie als Betriebsrätin für den Bereich Angestellte mit den Schwerpunkten IT und personelle Angelegenheiten, seit 2012 gehört sie dem Betriebsausschuss an. Darüber hinaus ist sie innerhalb der IG Metall Bremen z.B. als Leiterin des Netzwerks Angestellte aktiv.