Professor Yudanov hält sich im Rahmen einer Kooperation der Hochschule Bremen mit der Finanzakademie Moskau in Bremen. Verantwortlich für diese Kooperation auf Bremer Seite sind Prof. Dr. Ulrich Krüger und Prof. Dr. Peter-Jürgen Sobich. Ansprechpartner für das Volkswirtschaftliche Colloquium ist Prof. Dr. Hans H. Bass.
1. Vita
Andrei Yudanov, Jahrgang 1952, ist Professor für Mikroökonomie an der Finanzakademie Moskau, einer der führenden russischen Ausbildungsinstitutionen für Finanzbeamte und Banker. Professor Yudanov erhielt im vergangenen Jahr für seine Lehrtätigkeit auf dem Gebiet der Wettbewerbstheorie einen Staatspreis. In der Forschung beschäftigte er sich als Arbeitsgruppenleiter mit der pharmazeutischen Industrie Russlands (1992 bis 2009) sowie mit den schnell wachsenden Unternehmen Russlands (von 2003 bis heute). Professor Yudanov ist zudem Koordinator des russischen Teils des Forschungsprojektes der Europäischen Kommission "AEGIS Advancing Knowledge-Intensive Entrepreneurship and Innovation for Economic Growth and Social Well-being in Europe". Zu seinen Aktivitäten außerhalb der Finanzakademie gehörten eine Tätigkeit für das Open Society Institute der Soros-Foundation, die Leitung eines beim Präsidenten der Russischen Föderation angesiedelten Projektes zur Förderung von Entrepreneurship in Russland sowie eine Tätigkeit als Stellvertretender Chefredakteur einer populärwissenschaftlichen Zeitschrift zur New Economy. Andrei Yudanov ist Autor und Herausgeber von mehr als hundert wissenschaftlichen Publikationen, darunter elf Büchern. Seine Arbeiten wurden außer in Russland auch in den USA und in Westeuropa veröffentlicht. Seine wichtigsten wissenschaftlichen Interessengebiete sind derzeit die Wettbewerbstheorie, Entrepreneurship Development und die pharmazeutische Industrie.
2. Abstract des Vortrags:
Der Begriff der "Gazellenunternehmen" wurde in den 1980er Jahren von David Birch geprägt und ist mittlerweile ein allgemein akzeptierter Begriff für Unternehmen, die über einen längeren Zeitraum hinweg schnelles Wachstum zeigen. In den entwickelten Marktwirtschaften sind solche Gazellen eher selten (etwa fünf Prozent der Unternehmen), aber sie tragen weit überproportional zum Wachstum von Beschäftigung und Produktion bei.
In Russland wurden Gazellenunternehmen erstmals von einer Forschungsgruppe der Finanzakademie identifiziert und beschrieben (Yudanov at al, 2003-2006). Die Untersuchung basiert auf Daten von Unternehmen, die einen Jahresgewinn von 10 Mio. USD und mehr erwirtschafteten. Die Grundgesamtheit waren 25.000 Unternehmen, von denen 7.000 mit vollständigen Daten in die Untersuchung einbezogen werden konnten. Neben der statistischen Analyse wurden Unternehmensprofile der erfolgreichsten Gazellenunternehmen erstellt und Interviews mit den Geschäftsführern durchgeführt.
Die wesentlichsten Forschungsergebnisse waren:
1. In Russland ist der Anteil der Gazellenunternehmen im internationalen Vergleich sehr hoch - etwa 7 bis 15 Prozent. Einige dieser Unternehmen sind Tochterunternehmen ausländischer Firmen.
2. Gazellen sind hauptsächlich mittelgroße Unternehmen. Anders als die russischen Großunternehmen sind sie nicht im Rohstoffsektor tätig, sondern im Handel, im verarbeitenden Gewerbe, im Dienstleistungssektor sowie im Erziehungs- und Gesundheitssektor.
3. Gazellenunternehmen tragen erheblich zum russischen BIP-Waxhstum bei und tragen fast das gesamte Wachstum an Arbeitsplätzen. Auch stellen sie den Strukturwandel sicher.
4. Das Management der russischen Gazellenunternehmen weist verschiedene Besonderheiten auf im Vergleich zu den anderen russischen Unternehmen. Stärken liegen insbesondere in der strategischen Planung, der bewussten Nischenwahl und einer langfristigen Wachstumsorientierung.
5. Außerdem zeichnet sich das Management dieser Unternehmen durch eine Ausrichtung auf legale Geschäftsfelder mit hoher Transparenz aus. Anders als in der Regel bei anderen russischen Unternehmen sind die veröffentlichten Zahlen der Gazellenunternehmen komplett und korrekt.
6. Außerdem bemühen sich die Gazellenunternehmen um die Herstellung von engen, konstruktiven Verbindungen (business linkages) mit anderen Unternehmen.