Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten sind die Experten für den Erhalt, die Förderung und Wiederherstellung der menschlichen Bewegung über die Lebensspanne und leisten damit einen zentralen Beitrag für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten. Um diesen Anspruch zu untermauern, müssen auch weiterhin Nachweise erbracht werden, dass physiotherapeutische Interventionen wirksam und Tests und Assessments valide sind - und dass wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis implementiert werden. Wissenschaft und Forschung sind aber kein Selbstzweck, sondern sollen auch einen spürbaren Nutzen für Patienten haben.
Dazu ist nicht nur evidenzbasierte Praxis, sondern auch praxisbasierte Evidenz von Nöten - Voraussetzung für beides ist eine enge Kooperation des Studiengangs mit regionalen Praxispartnern. Schäfer nennt als mögliche Ziele einer solchen Praxis-Hochschulkooperation die gemeinsame Bearbeitung von Fragestellungen und die Weiterentwicklung der physiotherapeutischen Praxis, eine bedarfsgerechte Studiengangentwicklung sowie die Entwicklung von qualifikationsgerechten Arbeitsplätzen für Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs ATW. Um die Physiotherapie als Profession zu stärken, braucht es darüber hinaus eine eigenständige Physiotherapiewissenschaft, deren Gegenstand die menschliche Bewegung ist. Dazu muss ein Bewegungsbegriff definiert werden, der als Alleinstellungsmerkmal der Physiotherapie diese von anderen Disziplinen abgrenzt.
Im Zentrum der Veranstaltung stand der Vortrag „Gehen verstehen - Differenzialdiagnostik in der Gang- und Bewegungsanalyse“ von Kirsten Götz-Neumann, einer international renommierten Expertin auf dem Gebiet der Bewegungsdiagnostik. Frau Götz-Neumann ist Präsidentin der Observational Gait Instructor Group, O.G.I.G., einer 1998 in Los Angeles gegründeten internationalen Vereinigung von Gang- und Bewegungsanalyse-Experten, unter anderem vom Rancho Los Amigos National Rehabilitation Center und der University of Southern California, USA. Anhand einiger eindrucksvoller Fallbeispiele demonstrierte Kirsten Götz-Neumann anschaulich die zentrale Bedeutung, die der Bewegungsanalyse für die erfolgreiche Therapie von Betroffenen mit muskuloskelettalen und neurologischen Erkrankungen zukommt. Ein wichtiger Baustein hierbei ist die Patientenbildung. Nicht nur Physiotherapeuten, auch Betroffene müssen die Art der Bewegungsstörung erkennen, damit gemeinsam ein Konzept entwickelt werden kann, diese zu korrigieren. Hierzu sind Feedbackmechanismen hilfreich, wie beispielsweise der Einsatz von Videoaufnahmen, die eine wertvolle Unterstützung für die Eigenwahrnehmung von Betroffenen sein können. Ausdrücklich betont Frau Götz-Neumann die Wichtigkeit, die Wünsche der Patienten von Beginn an mit einzubeziehen.
Die Veranstaltung endete unter lebhaften Beifall der Teilnehmerinnen. Weitere Praxis-Hochschul-Treffen sind in naher Zukunft geplant, um dann konkrete Formen der Zusammenarbeit zu diskutieren.
Übrigens: Für das kommende Wintersemester gibt es noch freie Studienplätze im Studiengang angewandte Therapiewissenschaften – Bewerbungen sind ab dem 1. Juni möglich. Nähere Informationen unter: www.hs-bremen.de/internet/de/studium/stg/atw/