Im Rahmen ihres Masterstudiums nahmen sich zwei Gruppen der HSB dieser Aufgabe an. Beide Teams erarbeiteten jeweils einen vollständigen Entwurf einer Fähre, um diesen bei der Jury der WFSA, einer Gruppe von weltweit anerkannten Experten, einzureichen. „Durch die Teilnahme an diesem Wettbewerb hatten die Studierenden die Möglichkeit, sich wie im zukünftigen Berufsleben unter Zeitdruck an einem komplexen Projekt im Team auszuprobieren und dabei zusätzlich Impulse zur Erhöhung der Sicherheit im Fährverkehr von Entwicklungsländern zu setzen“, so Prof. Gregor Schellenberger, der als Dozent zusammen mit seinen Kollegen Prof. Dr.-Ing.- Andreas Kraus und Prof. Dr.-Ing. Hans Gudenschwager die Studierenden während des Designprozesses betreute. Mit Erfolg, wie sich herausstellte: beide Teams erreichten mit ihren Entwürfen den zweiten Platz des Wettbewerbs, zu dem sich insgesamt 24 Studierendenteams aus der ganzen Welt angemeldet hatten. Beiden Bremer Teams brachte die hervorragende Platzierung eine Einladung zur Preisverleihung nach New York sowie ein Preisgeld pro Team in Höhe von 3.000 Dollar ein.
Auch für die Studierenden war die Teilnahme an dem internationalen Wettbewerb eine besondere Erfahrung. „Zum Abschluss des Studiums konnten wir im Rahmen dieses Projekts noch einmal alle im Studium behandelten Themenbereiche verknüpfen. Außerdem wurde uns deutlich, wie einfach es oftmals sein kann, die Schiffssicherheit durch kostengünstige bauliche Maßnahmen zu erhöhen“, so Student Christoph Albers. Dessen Gruppe erarbeitete ein Schiffsdesign, das im Fall eines Lecks durch zusätzlich aufblasbare Auftriebskörper, ähnlich den aus dem Automobilbau bekannten Airbags, eine höhere Stabilität erlangt und somit längere Evakuierungszeiten ermöglicht.
Die Designs der Bremer Schiffbau-Studierenden fokussierten insbesondere das Thema Schiffssicherheit. Aus der Analyse vergangener Fährunglücke in Indonesien wurde Überladung der Schiffe, als ein zentrales Sicherheitsrisiko für den Betrieb von Fähren in diesem Land identifiziert. Daher wurde bei der Entwicklung der Schiffe im Sicherheitskonzept eine Überladung von Anfang an mit berücksichtigt. Weitere sicherheitsrelevante Themen in den Designs waren Brandschutz und Seegangsverhalten der Fähren.
Heike Lehmkuhl, deren Gruppe eine Fähre entwarf, die als Besonderheit Anti-Rolltanks zur Verbesserung der Schiffssicherheit bei schwerem Seegang im Schiffdesign berücksichtigte, sagte: „Die Arbeit, die in unser Design geflossen ist, war sehr vielfältig, was eine gute Vorbereitung auf unser späteres Arbeitsleben ist. Zudem wurden viele neue sinnvolle Lösungen in Bezug auf Schiffssicherheit in den verschiedenen Entwürfen implementiert, die vielleicht in nächster Zeit Anwendung finden könnten!“.
Die WFSA mit Sitz in New York ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der Aufgabe verschrieben hat, die Sicherheit von Fährschiffen - insbesondere in Entwicklungsländern - zu erhöhen und somit den Schutz von Menschenleben zu verbessern. Nach eher konservativen Annahmen der WFSA kamen in der Zeitspanne von 2000 bis 2014 mehr als 18.000 Menschen (entspricht durchschnittlich ca. 1.300 pro Jahr) bei Fährschiffsunglücken ums Leben. Erschreckendes Faktum: 97 Prozent der Todesopfer sind zurückzuführen auf Schiffsunglücke in Ländern der Dritten Welt. Ordnet man diese Opferzahlen geografisch zu, so ergibt sich, dass 70 Prozent der Opferzahlen allein aus Unfällen in fünf Ländern resultieren: Bangladesch als trauriger Spitzenreiter, gefolgt von Tansania, Senegal, Indonesien und den Philippinen.
Um auf die Sicherheitsprobleme von Fährschiffen in diesen Ländern aufmerksam zu machen und frische Ideen für die Erhöhung der Sicherheit von Fährschiffen unter Berücksichtigung minimaler Bau- und Betriebskosten zu generieren, lädt die WFSA jedes Jahr Schiffbaustudierende aus aller Welt ein, für einen ausgewählten Fährdienst ein auf die jeweiligen Bedingungen angepasstes Design zu entwickeln. In diesem Jahr fungierte Indonesien als Partnerland, das als weltgrößter Inselstaat mit 280 Mio. Einwohnern auf einen sicheren und zuverlässigen Fährverkehr angewiesen ist.
Gewinner des Wettbewerbs waren in diesem Jahr fünf Studierende der Universität Strathclyde, Schottland. Den dritten Platz belegten zwei Teams: eine Gruppe Studierender des Tolani Maritime Institutes in Mumbai, Indien, sowie ein Team der United States Academy in Annapolis, USA.