Wasser ist das wichtigste Lebensmittel der Menschen. Daher ist auch die Aufbereitung von Abwässern von großer Bedeutung – ob bei Haushalts- oder bei Industrieabwässern. Membran-Bioreaktoren stellen dabei eine innovative Möglichkeit der Abwasseraufbereitung dar, wenn besonders hohe Anforderungen an die hygienische Qualität des gereinigten Wassers gestellt werden. Das Labor für Verfahrenstechnik an der Hochschule Osnabrück erforscht seit vielen Jahren Mechanismen der Abwasserreinigung. Das Team um Prof. Dr. Frank Helmus und Prof. Dr. Sandra Rosenberger arbeitet dabei eng mit seinen industriellen und kommunalen Partnern zusammen. Einer davon, das Unternehmen MICRODYN-NADIR aus Wiesbaden, hat dem Labor jetzt ein ganz besonderes Großgerät für Untersuchungen zur Verfügung gestellt.
Dieses Großbecken macht seinem Namen alle Ehre: Mit seiner stattlichen Höhe von rund fünf Metern überragt es die gesamte Laboreinrichtung. „Der 17 Tonnen schwere Koloss besteht aus vier Glasscheiben und einem Stahlrahmen. Die Glasscheiben sind vier Zentimeter dick und sollen einem LKW-Aufprall standhalten können“, berichtet der Laborleiter, Prof. Helmus. Die zu untersuchenden Membranmodule werden mit einem neuen Säulenschwenkkran der Gummersbacher Firma ABUS Kransysteme in das Becken eingebracht. Beschafft wurde der Kran zum Teil aus Spendengeldern der Firma Saltigo aus Leverkusen, die das Labor für Verfahrenstechnik schon seit Jahren finanziell unterstützt.
„Mit dem Großbecken im Pilotmaßstab sowie seinen kleineren ‚Geschwistern‘, zwei Becken im Labor- und Technikumsmaßstab, können wir nun eine vollständige Maßstabübertragung durchführen“, ergänzt Prof. Rosenberger. Diese Methode wird in der Verfahrenstechnik beim Bau technischer Produktionsanlagen eingesetzt. Studierende der Verfahrenstechnik erlernen sie im Studium und können nun bei Laborpraktika deren Einsatz live erleben.
Nicht nur die Größe, sondern vor allem der Inhalt des neuen Wasserbeckens machen das Besondere aus: Erstens ist es mit einem speziellen Klärschlamm-Ersatz gefüllt, der sich zwar wie Klärschlamm verhält, jedoch durchsichtig ist. Dieses vom Forschungsteam der Hochschule Osnabrück optimierte Ersatzmedium ermöglicht es, Strömungen im Becken genau zu untersuchen. Zweitens ist das auf Flachmembran basierende BIO-CEL® Modul in diese Ersatzflüssigkeit getaucht. Zum Hintergrund: Bei herkömmlichen Verfahren erfolgt die Abtrennung der Biomasse vom gereinigten Abwasser in einem Nachklärbecken. Ein bedeutender Nachteil ist, dass dieser Prozess viel Platz benötigt und die Qualität des Ablaufwassers stark schwanken kann. „Unser Membranmodul stellt eine physikalische Barriere dar, die die Nachklärung ersetzt“, erklärt Walter Lamparter, Geschäftsführer von MICRODYN-NADIR. So wird für die Wasseraufbereitung bedeutend weniger Platz benötigt als in herkömmlichen Verfahren – und das bei besserer und stabilerer Qualität.
Seit zehn Jahren kooperiert das hessische Unternehmen mit rund 400 Mitarbeitern in sieben Ländern mit der Hochschule Osnabrück. Heute gehört es dem Konzern MANN+HUMMEL an, einem Familienunternehmen der Automotive-Branche, das mit seinen 20.000 Mitarbeitern weltweit 4 Milliarden Euro jährlich umsetzt. Der Konzern will die Membran-Bioreaktor-Technologie weiter ausbauen und setzt dabei auf die Kooperation mit der Hochschule Osnabrück. Für fünf Jahre hat die Firma nun das Großbecken dem Labor für Verfahrenstechnik überlassen, damit in deren Auftrag Untersuchungen durchgeführt werden können.
Bei der Einweihung des Großgeräts dankte der Vizepräsident für Studium und Lehre und Dekan der Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik, Prof. Dr. Alexander Schmehmann, den beteiligten Unternehmen für ihren Einsatz. Prof. Dr. Frank Helmus, Prof. Dr. Sandra Rosenberger und Prof. Dr. Reiner Kreßmann, der im Team für die Messtechnik zuständig ist, überreichten symbolische Kranfußschrauben an ihre Kooperationspartner, die Vertreter der hochschuleigenen Science to Business GmbH und die Hochschulmitarbeiter aus dem Labor, der Verwaltung und dem Gebäudemanagement. Ein besonderes Dankeschön der Forscher ging an die Labor- und Projektmitarbeiter: „Wir schätzen es sehr, wie sich die Mitarbeiter auch für unsere Forschungsprojekte einsetzen – und zwar auf freiwilliger Basis. Ihre Zuverlässigkeit, Gründlichkeit und Kreativität sind für den Erfolg unserer Projekte unschätzbar“, so die Forscher.