Wer neu in einem fremden Land ist, der muss angesichts von Sprachbarrieren und Kulturunterschieden so einige Alltagshürden bewältigen. So wissen Geflüchtete oft wenig über die Lebensmittel und Speisen in Deutschland, über das Essverhalten oder auch die Nahrungszubereitung hierzulande. Die Fachtagung „Hauswirtschaft in Zeiten interkultureller Herausforderungen“ im WABE-Zentrum Klaus Bahlsen der Hochschule Osnabrück gab nun Impulse, wie Fach- und Führungskräfte hauswirtschaftlicher Berufe zur besseren Integration von Geflüchteten beitragen können.
„Als Hauswirtschafter sind wir ja dazu prädestiniert, anderen Menschen Kompetenzen für das Bewältigen von Alltagsproblemen zu vermitteln“, richtete sich Martina Schäfer, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft, in ihrem Grußwort an die 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung. „Also können wir auch Geflüchteten dabei helfen, ihren Alltag in Deutschland leichter zu organisieren.“ In Qualifizierungsangeboten könnten beispielsweise Kenntnisse zum Einkaufen in Supermärkten vermittelt werden, etwa zur Kennzeichnung von Lebensmitteln oder zum Bezahlen mit EC-Karte, aber auch Wissen zur Aufbewahrung und Zubereitung von Lebensmitteln oder zur Müllentsorgung. Dazu habe die Bundesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft bereits eine umfassende Materialsammlung erstellt, auf die Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter für Projekte oder auch für den Einsatz in Schulen zurückgreifen können.
Dass Hauswirtschaftskurse für Geflüchtete auch noch mehr leisten können, als nur das Vermitteln von Alltagskompetenzen, hob Tagungsleiterin Prof. Dr. Elisabeth Leicht-Eckardt, Hochschule Osnabrück, in ihrem Fachvortrag hervor. „Gemeinsames Kochen und Essen bieten in besonderer Weise die Chance, sich gegenseitig besser kennenzulernen und auch zwischen den Kulturen voneinander zu lernen.“ Integration sei sowieso nur dann möglich, wenn sich beide Seiten auf die andere Kultur einlassen. Leicht-Eckardt zog in diesem Zusammenhang auch eine Bilanz der bisherigen interkulturellen Projektarbeit im WABE-Zentrum. „Mit unseren Forschungsprojekten zu Themen wie Ressourcenverbrauch bei der Nahrungszubereitung oder Inklusion durch interreligiöse Schulverpflegung ist es uns immer wieder gelungen, die bestehende Theorie zu nachhaltigem Hauswirtschaften um neue Erkenntnisse zu erweitern.“
Vier Referentinnen aus verschiedenen Verbänden und Organisationen stellten im Anschluss Best-practice-Beispiele des interkulturellen Hauswirtschaftens vor. So berichtete Daniela Katz-Raible, Mitarbeiterin des Diakonischen Werks Württemberg, von dem Projekt „oikos“, einem hauswirtschaftlichen Ausbildungsprojekt, das sich an Geflüchtete mit erhöhtem Sprachförderbedarf richtet. Über einen Zeitraum von vier Jahren erhalten die Geflüchteten dort eine duale Ausbildung zur Hauswirtschafterin beziehungsweise zum Hauswirtschafter, kombiniert mit Deutschunterricht. „In den Betrieben herrscht anfangs oft eine gewisse Skepsis, wenn unsere Auszubildenden bei ihnen starten. Aber im Nachhinein bekommen wir häufig begeisterte Rückmeldungen.“