Storytelling-Apps verknüpfen Wissenswertes zu touristisch relevanten Attraktionen mit fiktionalen Geschichten, um die Nutzer auf diesem Weg auf eine unterhaltsame Art und Weise über die Sehenswürdigkeiten zu informieren. Mit der App „Jüdisches Worms“ können sich Touristen aber auch Einheimische mit Hilfe von drei Kurzgeschichten über den jüdischen Friedhof „Heiliger Sand“ sowie über das Gelände rund um die Synagoge und vor allem zur Mikwe führen lassen. Die Erzählungen sind reichhaltig bebildert mit Fotografien und Zeichnungen aus unterschiedlichen Jahrzehnten und nehmen die Nutzer mit auf Zeitreisen in die Jahre 1905, 1985 und 2018. Im Verlauf ihres Rundgangs erhalten die Anwender vielfältige Informationen sowohl zu den Monumenten als auch zur jüdischen Geschichte, Traditionen, Gelehrten und Familien.
Der Oberbürgermeister der Stadt Worms, Adolf Kessel, ist gespannt, wie es nun weitergeht: „Die jüdischen Monumente in unserer Stadt sind ein Teil der Bewerbung der SchUM-Stätten in Speyer, Worms und Mainz. Dank der Stiftung der Sparkasse Worms-Alzey-Ried konnten wir nun eine App erarbeiten, die sich mit dem Friedhof 'Heiliger Sand' und der Mikwe bzw. dem Umfeld der Synagoge befasst. Das ist ein wichtiger erster Schritt, bis zum Entscheid der UNESCO, Touristen und Interessierten etwas an die Hand zu geben. 2021 sollten wir eine gemeinsame App aller drei Städte angehen.“
Dr. Marcus Walden, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Worms-Alzey-Ried, freut sich über die Fertigstellung der App: „Die SchUM-Stätten in Speyer, Worms und Mainz sollen UNESCO-Weltkulturerbe werden. Diese Orte mit ihrer Einmaligkeit möchten wir den Menschen in Worms näherbringen und besonders auch junge Menschen damit ansprechen. Deshalb haben wir diese moderne Zugänglichkeit gerne gefördert. Über digitale Apps erleben wir die Monumente ganz anders und neu, dennoch wahren wir die Würde dieses großen kulturellen Erbes.“
„Wir haben uns mit dem Konzept des Storytellings bewusst für einen innovativen Weg der Informationsvermittlung entschieden. Wir wollen den Nutzern somit einen zusätzlichen Mehrwert in Form eines emotionalen Erlebnisses stiften“, meint Prof. Dr. Jan Drengner vom Fachbereich Touristik/Verkehrswesen der Hochschule Worms. „Als Alternative bieten wir in der App jedoch auch die Möglichkeit, die Attraktionen des jüdischen Worms auf dem klassischen Weg eines digitalen Reiseführers zu erkunden: An mehr als 30 ‚Points of Interest‘ erhalten die Anwender auf dem Friedhof und rund um die Synagoge eine Zusammenfassung der in den Geschichten vermittelten Informationen.“ Abgerundet wird das Angebot durch eine Vielzahl von Informationen rund um einen Besuch der SchUM-Stätten in Worms, wie etwa zu Öffnungszeiten und Parkplätzen, zu Regelungen für einen angemessenen Besuch oder zur touristischen Infrastruktur.
Die Kooperation des Teams der Hochschule Worms aus den Fachbereichen Touristik/Verkehrswesen sowie Informatik mit dem SchUM e.V. begann vor rund zwei Jahren mit der Erarbeitung von drei Geschichten, die im Umfeld des alten jüdischen Friedhofs „Heiliger Sand“ und der Mikwe in Worms spielen. „Es ist uns eine besondere Freude, diese herausragenden Zeugnisse des jüdischen Lebens in Worms den Besuchern auf emotional berührende Weise zu vermitteln und dabei auch zu sehen, wie die beteiligten Studierenden mit ihrer Kreativität und Leidenschaft dieses Projekt zum Leben erweckten“, unterstreicht Prof. Dr. Werner König, Dekan des Fachbereiches Informatik.
Dr. Susanne Urban, Geschäftsführerin des SchUM-Städte Speyer, Worms, Mainz e.V. freut sich über die Zusammenarbeit: „Wir haben mit der Hochschule Worms einen tollen Partner gefunden. Konstruktiver Austausch führte zu gegenseitigen Lernprozessen. Die Basis einer Storytelling-App sollten die Fakten sein, die wir über die Monumente wissen – und zugleich können die Partner der Hochschule am besten einschätzen, was die Nutzer annehmen. So befanden wir uns in einem kreativen Prozess, der uns alle bereicherte. Wir haben nun eine erste App und schauen mal, was nach der erhofften Anerkennung der SchUM-Stätten als Weltkulturerbe an Neuem entstehen kann – am besten in allen drei Städten gemeinsam und als verbindendes, gemeinsames Narrativ.“
Dr. Peter Waldmann, stellvertretender Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Mainz, unterstrich: „Die App führt zu einer neuen Erlebbarkeit der Monumente. Es ist wichtig, auch jenseits der Shoah jüdische Kultur und jüdisches Leben zu vermitteln. Die Stories umfassen viele Zeitschichten.“
Die deutsche Version der App ist inklusive Audiotext vorhanden; eine englische Leseversion wird zeitgleich mit der deutschen Version bereitgestellt.
Die App steht nach dem Pressegespräch am 28. Oktober 2019 im Google Play Store und Apple App Store kostenfrei zur Verfügung.
Internetseiten des Projektes, inkl. Links zu den App-Stores:
https://schumstaedte.de/app-zum-juedischen-worms/
https://schumstaedte.de/en/app-jewish-history-in-worms/
Screenshots zur App: https://tinyurl.com/schumapp
Die Zusammenarbeit entstand aus der gemeinsamen Idee, Besuchern einen neuen Zugang zum Friedhof und zum Ritualbad zu ermöglichen. Gefördert wurde das Projekt maßgeblich durch die Stiftung „Gut. für die Region“ der Sparkasse Worms-Alzey-Ried. Die Hochschule Worms war vertreten durch das „Interdisziplinäre Zentrum für digitales Erlebnisdesign“ der Fachbereiche Touristik/Verkehrswesen und Informatik.
Die jüdischen mittelalterlichen Monumente in den SchUM-Gemeinden Speyer, Worms und Mainz
SchUM: ein Akronym aus den mittelalterlichen hebräischen Städtenamen
Speyer = Schin (Sch) = SchPIRA,
Worms = Waw (U) = Warmaisa,
und Mainz = Mem (M) = Magenza.
SchUM: drei jüdische Gemeinden, die einen einzigartigen, richtungsweisenden Gemeindebund im Mittelalter schlossen. Ihre Architektur ist überwältigend: Synagogen aus dem 11. und 12. Jahrhundert, die ersten überlieferten Frauenschuln, Monumental-Mikwaot (Ritualbäder), eine neuartige Grabsteinkultur. Der älteste erhaltene jüdische Friedhof Europas befindet sich in Worms. In Mainz wurde auf dem Areal des bis zur Vertreibung der Juden im 15. Jh. ältesten und größten mittelalterlichen jüdischen Friedhofs „Judensand“ 1926 der herausragende Denkmalfriedhof eingerichtet. SchUM als Bund dreier jüdischer Gemeinden war innovativ inmitten dreier Städte, in denen Juden im Mittelalter Teil der Urbanisierung waren. Hier war die Wiege des aschkenasischen Judentums.
Das Land Rheinland-Pfalz strebt gemeinsam mit den drei Städten Speyer, Worms und Mainz, der Jüdischen Gemeinde Mainz, dem Jüdischen Landesverband Rheinland-Pfalz und der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz an, die SchUM-Stätten als UNESCO-Welterbe einschreiben zu lassen. Das Nominierungsdossier wird der UNESCO termingerecht im Januar 2020 zugehen.