Der Volkswagen-Konzern manipulierte nicht nur bei den Dieselmotoren des Typs EA189, die sich seit vielen Jahren in der öffentlichen Diskussion befinden. Auch bei dem Nachfolgemotor EA288, der ab 2015 in Kfz der Marken VW, Audi, Skoda und Seat verbaut worden sind, wurde offenbar erneut „getrickst“. Dies bestätigte erneut das OLG Köln in seiner aktuellen Entscheidung vom 10.03.2022 mit dem Aktenzeichen 24 U 112/21.
Fahrkurvenerkennung als unzulässige Abschalteinrichtung
„Beim EA288 drehen sich die Prozesse vor allem um eine als Fahrkurvenerkennung oder auch Akustikfunktion bezeichnete Technik, mittels derer erneut der Testzyklus der Prüfbehörden erkannt wird. Das daneben in aller Regel installierte sog. Thermofenster spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle“, berichten die seit vielen Jahren erfolgreich gegen VW prozessierenden Rechtsanwälte der Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner aus Nürnberg.
Auch in dem Verfahren vor dem OLG Köln war die Software unstreitig in der Lage, zu erkennen, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befand. Mit dieser Prüfstandserkennung war auch unstreitig ein verändertes Emissionsverhalten des Fahrzeugs verknüpft. Denn wenn mittels Fahrkurvenerkennung eine Prüfung gemäß NEFZ erkannt wurde, führte dies dazu, dass in diesem Fall eine hohe AGR-Rate auch nach Erreichen einer optimalen Betriebstemperatur des SCR-Katalysators von 200° Celsius beibehalten wurde, während im Straßenbetrieb die AGR-Rate heruntergeregelt wurde.
Sittenwidrige Schädigung durch die Volkswagen AG
Das OLG Köln bejahte deshalb eine Haftung der Volkswagen AG aus § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung. „Dem von einigen Gerichten demgegenüber akzeptierte Argument der fehlenden „Grenzwertkausalität" von VW, wonach der vorgeschriebene Grenzwert auch dann eingehalten werde, wenn die Abschalteinrichtung deaktiviert wird, ist der 24. Zivilsenat mit überzeugender Begründung entgegengetreten“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Hoffmann.
So führt das OLG Köln in seinem Urteil vom 10.03.2022, 24 U 112/21, aus, dass die Auffassung von VW, dass Manipulationen der Messungen auf dem Prüfstand beliebig erlaubt sein sollen, solange die Grenzwerte bei Deaktivierung der entsprechenden Software eingehalten würden, den Sinn und Zweck des Testverfahrens, verlässliche Ergebnisse in Bezug auf die Einhaltung der Grenzwerte zu liefern, ad absurdum führen würde. Dann wären nämlich nicht einmal mehr die unter Prüfbedingungen ermittelten Werte verlässlich, sondern bereits verfälscht. Dementsprechend ließen die Testwerte nicht mehr den geringsten Schluss auf die Werte im Realbetrieb zu.
Verbraucherfreundliche Entwicklung der Rechtsprechung
Die aktuelle Entscheidung des OLG Köln vom 10.03.2022, 24 U 112/21, zeigt erneut, dass Besitzer von Dieselfahrzeugen der Marken VW, Audi, Seat und Skoda mit EA288-Motoren der Baujahre ab 2015 ihre Schadensersatzansprüche geltend machen sollten. Die Ansprüche wegen dieser Manipulationen sind grundsätzlich weder verjährt noch schadet ein Kauf des Kfz nach 2015. Bereits zuvor folgten bundesweit immer mehr Landgerichte dem substantiierten Vortrag der geschädigten Autobesitzer. Dabei sind sowohl Fahrzeuge mit NOx-Speicherkatalysator (NSK) als auch Modelle mit SCR-Technik (AdBlue) wie in dem Fall des OLG Köln betroffen.