Die Lage spitzt sich für die FCA-Gruppe (FCA: Fiat Chrysler Automobiles) im Dieselskandal weiter zu. Nachdem bereits die Landgerichte Landshut, Stade, Koblenz, Gera, Landau, Meiningen, Ravensburg und Dessau-Roßlau die FCA in der Verantwortung sahen, verurteilte jetzt auch das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 14.04.2022, Az.: 20 O 147/21, den italienischen Fahrzeughersteller zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 37.936,07 €. Streitgegenständlich war ein 2018 gebraucht gekauftes Wohnmobil des Modells Ayers Rock von Hymer, welches auf der Basis eines Fiat Ducato aufgebaut ist. Das Fahrzeug ist mit einem für das Basisfahrzeug Fiat Ducato typischen 2,3l Multijet Dieselmotor mit 96 kW ausgestattet, welcher der Abgasnorm EU5b zugeordnet wird.
Schadensersatz wegen unzulässiger Abschalteinrichtung
Das Gericht war davon überzeugt, dass Fiat Chrysler in dem Motor des Fiat Ducato eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut hat, die dazu führt, dass die gesetzlichen Abgaswerte ausschließlich im Prüfbetrieb eingehalten werden. Im realen Straßenbetrieb wird demgegenüber die Umwelt verpestet. Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, dass das Wohnmobil nicht der EU-Verordnung EG 715/2007 entspricht, wonach dieses bei normalen Betriebsbedingungen die maßgeblichen Grenzwerte des Anhangs I der Verordnung nicht überschreiten dürfe. FCA hätte im Verfahren nur darauf beharrt, dass bei Tests die Abgasgrenzwerte eingehalten werden. Auf Nachfrage habe sich die Beklagtenseite aber nicht dazu positioniert, ob ihre Angabe, wonach das streitgegenständliche Fahrzeug den relevanten Stickoxidgrenzwert einhalte, auch mit Blick auf den realen Straßenverkehr gilt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sehe jedoch vor, dass die Grenzwerte auch im realen Betrieb eingehalten werden müssen.
Verbraucherfreundliche Entwicklung im Fiat Abgasskandal
Die aktuelle Entscheidung des Landgerichts Stuttgart zeigt erneut, dass betroffene Wohnmobilbesitzer nicht einfach zuwarten, sondern jetzt tätig werden sollten. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass sich das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ausweislich eines Schreibens vom 07.07.2021 die Untätigkeit anderer offizieller Stellen im Fiat Dieselskandal wohl nicht mehr länger gefallen lassen, sondern bald selbst tätig werden will. Nach Auffassung der Nürnberger Rechtsanwälte ist es damit nur eine Frage der Zeit, bis das KBA für Tausende Wohnmobile in Deutschland einen verbindlichen Rückruf anordnen wird. Darüber hinaus besteht das Risiko der Verjährung. Ansprüche gegen die Beteiligten bei FIAT (vor allem dem Hersteller FCA Italy) können nicht grenzenlos geltend gemacht werden. Die kurze, kenntnisabhängige Verjährung von Ansprüchen beträgt lediglich drei Jahre, so dass es auch insoweit ratsam ist, nichts auf die lange Bank zu schieben.
Betroffen können Wohnmobile auf der Basis des FIAT Ducato sein, die über Dieselmotoren mit 1,3 l, 1,6 l, 2,0 l und 2,3 l, der Abgasnormen EU4 bis EU6, von Fiat verfügen. Besitzer von Wohnmobilen können zunächst recht einfach anhand der Zulassungsunterlagen prüfen, wer Hersteller des Wohnmobils bzw. des Motors ist. Erscheint hier, häufig auch in der sogenannten EU-Konformitätsbescheinigung (COC), der Hinweis auf einen Fiat Ducato, die Firmen FCA Automobile S.p.A, FCA Italy S.p.A., und/oder FPT Industrial S.p.A. sollten Wohnmobilbesitzer fachkundigen Rat einholen.