Der Volkswagen-Konzern hat nicht nur bei den durch die Volkswagen AG hergestellten Dieselmotoren des Typs EA189 „getrickst“. Auch viele der mit einem 3,0 Liter V6 Motor bestückten Premium-Modelle des Konzerns sind nach Auffassung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen. Daher werden bereits seit Längerem auch Fahrzeuge der Marken Audi, Porsche und VW, in denen die federführend durch die Audi AG entwickelten Motoren mit der Typenbezeichnung EA897 oder EA896 (Gen2) verbaut sind, aufgrund verpflichtender Rückrufe des KBA in die Werkstatt gerufen. Gerade wenn man sich bewusst für ein hochpreisiges Fahrzeug aus dem Premiumsegment entschieden hat, möchte man sich natürlich nicht mit einem in seiner Wirkungsweise und seinen Folgen nicht genauer spezifizierten Software-Update abspeisen lassen“, weiß Rechtsanwalt Göpfert aus der Praxis zu berichten.
Zahlreiche Betroffene wollen ihre manipulierten Kfz daher zurückgeben und verklagen die Audi AG auf Schadensersatz. Da die Manipulationen bei 3,0 Liter V6 Dieselfahrzeugen in ihrer gesamten Tragweite erst mehr und mehr ans Licht kommen, kann es noch nicht die „Urteilsflut“ wie gegen die Volkswagen AG in Bezug auf EA189-Motoren geben. „Die haftungsbegründenden Tatsachen sind indessen hier wie dort die gleichen“, stellt Rechtsanwalt Dr. Hoffmann klar. Nachdem bereits zahlreiche Landgerichte den Hersteller in der Haftung sahen, wird es auch in den Berufungsinstanzen für die Audi AG zunehmend ungemütlich. So sah bereits das OLG Koblenz in seinem Urteil vom 05.06.2020, 8 U 1803/19, den Autobauer aus Ingolstadt in der Verantwortung.
Jetzt verurteilte ein weiteres Oberlandesgericht die Audi AG. Nach der aktuellen Entscheidung des OLG Naumburg vom 18.09.2020, Az.: 8 U 39/20, haftet die Audi AG dem Käufer eines Audi SQ5 mit einem 3-Liter Dieselmotor des Typs EA896 Gen2 wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auf Schadensersatz. In seiner gut begründeten Entscheidung hob das Oberlandesgericht zunächst hervor, dass der Kläger hinreichend substantiiert zu einer Abschalteinrichtung vorgetragen habe. Die beklagte Audi AG dementierte demgegenüber pauschal das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Mehr wurde nicht zu den Anschuldigungen gesagt. „Tauglichen Vortrag zur Funktionsweise der Abgasreinigung gab es von Audi nicht. Die Audi AG ist damit der ihr obliegenden sogenannten sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen und wurde daher verurteilt“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Hoffmann.
Nach Auffassung der Nürnberger Rechtsanwälte stehen bereits aufgrund der vom KBA aufgefundenen illegalen Abschalteinrichtungen auch für betroffene Kunden die notwendigen Tatsachen zur Verfügung, um Schadensersatzansprüche erfolgversprechend geltend zu machen. Hierbei muss natürlich im jeweiligen Einzelfall genau und sorgfältig gearbeitet werden. In einem durch die Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aktuell gegen die Audi AG erstrittenen Urteil vom 18.08.2020, Az.: 4 O 219/20, stellte das Gericht demgemäß fest, dass „im Gegensatz zu zahlreichen anderen Fällen der Vortrag der Klagepartei hinreichend substantiiert erfolgt“ sei. Vor diesem Hintergrund obliege es nach der zutreffenden Auffassung des Landgerichts der Beklagten, hinreichend substantiiert zu bestreiten. Genau dies sei nicht erfolgt, so dass die Audi AG auch dort zu Schadensersatz verurteilt worden ist.
Die aktuelle Entscheidung des OLG Naumburg vom 18.09.2020, Az.: 8 U 39/20, zeigt erneut, dass auch Besitzer von Dieselfahrzeugen der Marken Audi, Porsche und VW mit 3,0 Liter Dieselmotoren ihre Schadensersatzansprüche mit aller Konsequenz verfolgen und durchsetzen sollten. Wichtig ist außerdem: „Die Ansprüche wegen Manipulationen an den größeren 3-Liter Dieselmotoren sind grundsätzlich weder verjährt noch schadet ein Kauf des Kfz nach 2015. Gleichwohl empfehlen wir dringend rasches Handeln, nachdem einige Gerichte „auf die Idee kommen könnten“ bereits zeitnah eine Verjährung anzunehmen“, betont Rechtsanwalt Dr. Marcus Hoffmann. Gerade wenn Betroffene über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung verfügen, die bereits vor dem Erwerb des Fahrzeugs abgeschlossen worden ist, besteht vielfach ohnehin kein Kostenrisiko.