Der Dieselskandal ist seit dem Valentinstag im Jahr 2020 um eine weitere Posse reicher. Am 14.02.2020 verkündete der Volkswagen-Konzern das Scheitern der Vergleichsverhandlungen in dem Musterfeststellungsklagverfahren vor dem OLG Braunschweig. So habe es zwar bereits eine Einigung über Zahlungen von bis zu 830 Millionen Euro gegeben. Ein Vergleich scheiterte jedoch ausweislich der Pressemitteilung von VW an unbegründeten hohen Forderungen der Prozessanwälte des vzbv, die pauschal 50 Millionen Euro für die Abwicklung der Vergleiche verlangt hätten. Der Vorstand des vzbv Klaus Müller erkennt demgegenüber in einem Interview mit dem Handelsblatt am 16.02.2020 einen zweiten Betrug des VW-Konzerns und fühlt sich „derbe gefoult“.
Fakt ist jedenfalls, dass das streitige Verfahren vor dem OLG Braunschweig jetzt fortgeführt werden muss. „Unsere bereits mehrfach angestellte Prognose, dass sich die VW-Musterfeststellungsklage für vom Dieselskandal betroffenen Verbraucher im Ergebnis als reine Mogelpackung erweisen wird, hat sich damit leider erneut bestätigt“, meint Rechtsanwalt Dr. Hoffmann. Denn mit einer abschließenden Entscheidung ist frühestens im Jahr 2023 zu rechnen. Doch damit nicht genug. Wenn das Musterverfahren sodann durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschlossen ist, sind im besten Falle lediglich Vorfragen zu Gunsten des Verbrauchers geklärt. An sein Geld kommt er noch lange nicht. Wer einen Schadenersatzanspruch individuell durchsetzen will, muss danach erneut klagen.
Vor diesem Hintergrund mag das durch den VW-Konzern in Aussicht gestellte Vergleichspaket in Höhe von insgesamt 830 Millionen Euro zunächst als Lichtblick erscheinen. Nach Auffassung der Nürnberger Rechtsanwälte, die eine Vielzahl von Geschädigten im Dieselskandal vertreten, sollten sich Betroffene jedoch nicht von der Aussicht auf „schnelles Geld“ blenden lassen. „Nachdem Volkswagen die Vergleichszahlungen seinen Kunden ohne Beteiligung des vzbv oder deren anwaltliche Vertreter im außergerichtlichen Bereich anbieten will, wird der jeweilige Verbraucher regelmäßig nicht einmal ansatzweise beurteilen können, ob die angebotene Vergleichssumme in seinem Fall angemessen ist oder nicht“, warnt Rechtsanwalt Göpfert.
Um ein Vergleichsangebot überprüfen zu können, muss man zunächst wissen, welche Summe im besten und im schlechtesten Fall überhaupt rauskommen kann. Hier gilt es verschiedene, in der sich stets wandelnden aktuellen Rechtsprechung teils noch nicht abschließend geklärte Fragen, wie beispielsweise der Anrechnung einer Nutzungsentschädigung oder eines Anspruchs des Verbrauchers auf sog. Deliktszinsen, zu berücksichtigen. In die Abwägung mit einzubeziehen sind ferner auch die wirtschaftlichen und nicht zuletzt auch die persönlichen Verhältnisse des jeweils Betroffenen.
„Erst nach einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls können die Besitzer eine sachgerechte Entscheidung treffen“, stellt Rechtsanwalt Dr. Hoffmann klar. Es zeigt sich also, dass Verbraucher bei Vergleichsangeboten von VW sehr vorsichtig sein und sich fachkundigen Rechtsrat einholen sollten.